Verfahrensgang

AG Paderborn (Beschluss vom 17.04.2007)

 

Tenor

Der Bescheid des AG Paderborn - Insolvenzgericht - vom 17.4.2007 wird aufgehoben.

Die Antragsgegner werden verpflichtet, den Antragsteller in die Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter am AG Paderborn aufzunehmen.

 

Gründe

A. Der 1940 geborene Antragsteller ist Rechtsanwalt, seit dem 15.2.2000 zugleich Fachanwalt für Insolvenzrecht, und Notar und seit 1976 regelmäßig als Insolvenzverwalter tätig, wobei er auch in mehreren Großverfahren zum Insolvenzverwalter bestellt wurde.

Mit Schreiben vom 29.1.2007 beantragte der Antragsteller seine Aufnahme in die Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter beim AG Paderborn. Beigefügt war ein vom Antragsteller ausgefüllter und unterzeichneter "Bewerbungsbogen zur Aufnahme auf die Insolvenzverwalterliste des AG Paderborn", mit dessen Hilfe die dort tätigen Insolvenzrichter verschiedene, von ihnen für wesentlich gehaltene Qualitätskriterien abfragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung Bl. 45 ff. GA Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 17.4.2007, unterzeichnet von allen drei Insolvenzrichtern des AG Paderborn, teilte das "AG Paderborn - Insolvenzgericht" dem Antragsteller mit, dass er zwar grundsätzlich die berufliche Qualifikation und Erfahrung für das Amt des Insolvenzverwalters aufweise, seine Aufnahme in die Liste der Insolvenzverwalter beim AG Paderborn aber nicht möglich sei, weil er die Altersgrenze von 65 Jahren bereits überschritten habe. Da er sich nur für die Abwicklung auch umfangreicher Regelinsolvenzen beworben habe, sei aufgrund seines Alters die eigene Abwicklung dieser Verfahren bis zum Schluss nicht gewährleistet. Im Falle seines Ausscheidens aus dem Berufsleben seien die von ihm noch nicht abgewickelten Verfahren auf einen anderen Verwalter zu übertragen, was ggf. zusätzliche Kosten auslösen könnte. Wegen des Weiteren Inhalts des Schreibens wird auf dessen Ablichtung Bl. 62 f. GA Bezug genommen.

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14.5.2007 verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter und beantragt,

die Antragsgegner zu verpflichten, ihn antragsgemäß in die Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter am AG Paderborn aufzunehmen, hilfsweise die Antragsgegner zu einer Neubescheidung hierüber unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts zu verpflichten.

Er meint, dass das Alter ein unzulässiger Anknüpfungspunkt für die Entschließung der Antragsgegner sei und die hierauf gestützte Entscheidung gegen das Diskriminierungsverbot gem. §§ 1 und 2 AGG wie auch gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoße. Der durch Art. 12 GG gewährleistete Zugang zum Beruf des Insolvenzverwalters könne nicht durch eine Altersgrenze beschränkt werden. Zum einen fehle hierfür eine gesetzliche Grundlage, sie sei insb. nicht in § 56 Abs. 1 InsO zu erblicken; zum anderen wäre eine solche Grenze unverhältnismäßig, weil sie nicht zur Vermeidung von Gefahren geboten sei, wie dies das BVerfG für öffentlich bestellte Sachverständige und Vertragsärzte bejaht habe. Insbesondere im konkreten Fall bestehe zudem kein sachlicher Grund, ihn aus Altersgründen auszuschließen, da er weder beabsichtige, die Berufsausübung alsbald aufzugeben noch absehbar gesundheitlich nicht mehr hierzu in der Lage sei. Selbst wenn er unvorhergesehen ausfallen sollte, seien weder Verzögerungen noch Mehrkosten zu besorgen, da die Verfahren dann problemlos von einem der Kollegen, mit denen er in Sozietät verbunden sei, übernommen werden könnten.

Die Antragsgegner beantragen, die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen.

Sie wiederholen und vertiefen ihre Auffassung, dass die Gewähr für eine eigene Abwicklung der Verfahren nicht mehr gegeben sei, wenn der Bewerber im Zeitpunkt seiner Bestellung bereits das "das 65. Lebensjahr vollendet und damit die übliche Altersgrenze erreicht" habe. Die in diesen Fällen erhöhte Gefahr eines notwendig werdenden Verwalterwechsels in zukünftigen Verfahren stehe der im Übrigen gegebenen Eignung des Antragstellers entgegen.

Sie meinen, dass deshalb sein Interesse am Zugang zur Bestellung als Insolvenzverwalter hinter den allgemeinen Interessen der anderen Beteiligten an der Durchführung und Abwicklung eines zügigen und ordnungsgemäßen Verfahrens zurücktreten müsse.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

B. Der Antrag ist zulässig und begründet.

I. Zur Zulässigkeit:

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach §§ 23, 24, 26 EGGVG zulässig.

Im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 3.8.2004 - 1 BvR 135/00 und 1086/01 = NJW 2004, 2725 = NZI 2004, 574), nach der die Entscheidung des Insolvenzgerichts, ob ein Bewerber um die Bestellung als Insolvenzverwalter in den Kreis derjenigen Personen aufzunehmen ist, aus dem der Richter im Einzelfall den ihm als am ehesten nach § 56 InsO geeignet Erscheinenden auswählt, als Akt öffentlicher Gewalt i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG gerichtlich ü...

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