Gründe

›Das LG hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Angekl. [Geschäftsführer einer GmbH] es entgegen dem Handelsrecht [fahrlässig] unterlassen hat, die Bilanz für das Geschäftsjahr 1982 in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen (§ 283 b Abs. 1 Nr. 3 b StGB). ... Auch das Eintreten einer objektiven Strafbarkeitsbedingung, die aufgrund der Verweisung in § 283 b Abs. 3 StGB auf § 283 Abs. 6 StGB vorliegen muß, hat das LG dadurch fehlerfrei festgestellt, daß .. [im] Mai 1984 das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet worden ist. ...‹

Der Revision sei zwar darin zu folgen, daß die Unterlassung der (rechtzeitigen) Bilanzierung und der Eintritt der Strafbarkeitsbedingung allein nicht ausreichen, um eine Bestrafung nach § 283 b StGB zu begründen. Das LG habe jedoch hinreichende Feststellungen zu dem erforderlichen Zusammenhang zwischen Verletzung der Buchführungspflicht und Konkurseintritt getroffen.

Der Senat nimmt hierzu Bezug auf die Entscheidung des BGH (BGHSt 28, 231 [hier: III (334) 138 d]), der eine restriktive Auslegung des § 283 b StGB dahingehend befürworte, daß eine ›folgenlose und für einen späteren wirtschaftlichen Zusammenbruch völlig unerhebliche Verletzung‹ der Bilanzierungspflichten nicht zu einer strafbaren Handlung führen soll, also diejenigen Verstöße außer Betracht zu bleiben haben, die ›in keinerlei Zusammenhang‹ mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Täters stehen. Dieser Auslegung sei zuzustimmen.

›... Nicht eindeutig geklärt ist [aber] bislang das Problem, welche konkreten Formen und Auswirkungen der erforderliche ›Zusammenhang‹ zwischen Buchführungsdelikt und Strafbarkeitsbedingung haben soll, um eine Bestrafung zu rechtfertigen. ... Da der Wortlaut [des § 283 b und ebenso des § 283 StGB] ausdrücklich auf ›Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist‹ und aufdas ›Handelsrecht‹ Bezug nimmt, ist es sachdienlich, die betr. Vorschriften des HGB zur Rechtsfindung heranzuziehen. Hier ist es unzweifelhaft, daß die Buchführung dem Kaufmann dazu dient, sich einen Überblick über sein Gewerbe zu verschaffen. ...

Entsprechend diesem gesetzgeberischen Willen Ä Selbstinformation des Kaufmanns und Gläubigerschutz Ä hat deshalb auch die Rechtspr. bei der Anwendung des § 283 StGB ausgeführt, ›Bilanzen sind dazu bestimmt, dem Kaufmann einen Überblick über seine wirtschaftliche Lage zu verschaffen und ihm die Möglichkeit zu eröffnen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Schäden von sich und seinen Gläubigern abzuwenden‹ (BGH bei Holtz, in MDR 1981, 454). Ausgehend von diesem Schutzzweck der Bestimmung wird deshalb in der Lit. und Rechtspr. die Auffassung vertreten, es fehle jedenfalls dann an einem ›Zusammenhang‹ im dargelegten Sinn, wenn der Täter die jahrelang versäumte Bilanz noch vor Eintritt der Strafbarkeitsbedingung nachgeholt hat, ohne daß sich diese Verhaltensweise bei Konkurseröffnung oder Zahlungseinstellung noch irgendwie auswirkt. Dann entfällt das Strafbedürfnis ebenso wie bei volligem Ausbleiben des wirtschaftlichen Ruins. Nur dann, wenn das pflichtwidrige Unterlassen der später nachgeholten Buchführung noch Folgen zeigt, etwa dadurch, daß diese Säumnis das rechtzeitige Erkennen der bedrohlichen Geschäftslage verhindert der aber die frühzeitige Beantragung der Eröffnung des Konkursverfahrens verzögert haben, besteht ›irgendeine Beziehung‹ zu den in § 283 Abs. 6 StGB umschriebenen Tatbeständen (Stree in Schönke-Schröder, StGB, 22. Aufl. 1985, zu § 283 b RN 7 .. m. w. N.). Dieser Meinung wird zugestimmt.

Ob ein solcher Zusammenhang vorliegt oder ausgeschlossen ist, hat das Gericht .. von Amts wegen zu erforschen (§§ 155 Abs. 2, 244 Abs. 2 StPO). Da der Verstoß gegen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten jedoch als abstraktes Gefährdungsde]ikt gefaßt ist (Stree in Schönke-Schröder, aaO., zu § 283 b RN 1), wird grundsätzlich eine Gefährdung des geschützten Rechtsgutes vermutet. Deshalb muß der ›Zusammenhang‹ zwischen Buchführungsdelikt und Strafbarkeitsbedingung auszuschließen sein, wenn das Gericht den Angekl. freisprechen will. Etwaige Zweifel gehen Ä ohne Verstoß gegen den Grundsatz ›in dubio pro reo‹ Ä zu Lasten des Täters (.. OLG Düsseldorf, NJW 1980, 1292 [hier: III (334) 142 f]). ...‹

Das Urteil des LG halte einer Überprüfung unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze stand. Es mache hinreichend deutlich, daß ein Zusammenhang zwischen unterlassener Bilanzierung und Konkurseröffnung naheliegt. Hierbei sei entscheidend, daß in die bis zum 30. Juni 1983 aufzustellende Bilanz per 31. Dezember 1982 Forderungen gegen die Fa. K. GmbH & Co. KG einzustellen und zu bewerten waren, die im Zeitpunkt der Erstellung der Bilanz am 10. Januar 1984 schließlich abgeschrieben werden mußten und deren Ausfall den Angekl. wenig später zwang, das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH zu beantragen. Damit sei eine wirtschaftliche Beziehung zwischen der nicht fristgerechten Erstellung der Bilanz und der objektiven Bedingung der Strafbarkeit des Konkurses...

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