Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung der Buchführungspflicht

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Urteil vom 17.12.2001)

 

Tenor

I. Die Revision, der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 17. Dezember 2001 wird als unbegründet verworfen.

II. Die Kosten der Revision sowie die den Angeklagten dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

 

Tatbestand

I.

1. Das Schöffengericht bei dem Amtsgericht Viechtach verurteilte am 7.11.2000 den Angeklagten M. P. wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle der fahrlässigen Verletzung der Buchführungspflicht, sachlich zusammentreffend mit vorsätzlicher falscher Versicherung an Eides Statt zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, den Angeklagten H. P. wegen zweier tatmehrheitlicher Fälle der fahrlässigen Verletzung der Buchführungspflicht, sachlich zusammentreffend mit fahrlässiger falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 65 DM.

Das Landgericht Deggendorf änderte am 17.12.2001 das amtsgerichtliche Urteil auf die Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft dahin ab, daß beide Angeklagten je der vorsätzlichen falschen Versicherung an Eides Statt schuldig sind und hierwegen M. P. zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten, H. P. zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die Angeklagten im übrigen aber freigesprochen wurden.

2. Gegen das Berufungsurteil vom 17.12.2001 hat die Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts Revision eingelegt und ihr Rechtsmittel auf den freisprechenden Teil des Urteils und den Strafausspruch beschränkt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision erweist sich als unbegründet. Die landgerichtlichen Feststellungen rechtfertigen den Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf der Verletzung der Buchführungspflicht.

1. Die den Angeklagten angelasteten Tathandlungen nach § 283 b Abs. 1 Nr. 3 b StGB sind gemäß § 283 b Abs. 3, § 283 Abs. 6 StGB nur strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

Das Landgericht hat festgestellt, daß ein Gläubigerantrag vom 2.6.1998 auf Eröffnung des Konkursverfahrens vom Amtsgericht Viechtach mit Beschluß vom 28.9.1998 abgewiesen wurde, „da keine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse als vorhanden angesehen wurde und ein zur Kostendeckung ausreichender Betrag nicht vorgeschossen worden war (§§ 107, 72 KO, § 91 ZPO)”. Damit liegt eine objektive Bedingung für die Strafbarkeit der verspäteten Bilanzaufstellung für die Geschäftsjahre 1994 und 1996 der P. GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer die Angeklagten zur Tatzeit waren, vor.

Der Staatsanwaltschaft ist darin zuzustimmen, daß keine kausale Verknüpfung zwischen der verspäteten Bilanz er Stellung und der Ablehnung des Konkurses mangels Masse erforderlich ist. In der Rechtsprechung ist aber das grundsätzliche Erfordernis eines tatsächlichen Zusammenhangs zwischen Buchdelikt und objektiver Strafbarkeitsbedingung anerkannt. Danach müssen im Zeitpunkt des wirtschaftlichen Zusammenbruchs wenigstens noch „irgendwelche Auswirkungen” vorhanden sein, die sich als gefahrenerhöhende Folge der Verfehlung darstellen, etwa Zeitverlust durch Nachholung der Bilanzierung zwecks Dokumentation gegenüber Insolvenzverwalter und Gläubigern oder mangelndes rechtzeitiges Erkennen der bedrohlichen Geschäftslage wegen der Versäumnisse (vgl. hierzu LK/Tiedemann StGB 11. Aufl. § 283 b Rn. 14 ff., Schönke/Schröder/Stree/Heine StGB 26. Aufl. § 283 b Rn. 7, jeweils m.w.N.).

Wenn dagegen ein tatsächlicher Zusammenhang mit der. Zahlungseinstellung usw. auszuschließen ist, so ist eine Tathandlung im Sinn des § 283b Abs. 1 und 2 StGB aus dem Strafbereich auszuscheiden. Das Fehlen eines solchen Zusammenhangs ist u. a. dann zu bejahen, wenn eine nicht innerhalb der gesetzlichen Frist (hier: gemäß § 42 Abs. 1 GmbHG, § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB innerhalb der ersten sechs Monate des folgenden Geschäftsjahres) aufgestellte, mithin verspätete Bilanz noch vor Eintritt der Strafbarkeitsbedingung nachgeholt wurde (LK/Tiedemann, Schönke/Schröder/Stree/Heine aaO).

So liegt der Fall hier.

Der Antrag eines Gläubigers vom 2.6.1998 auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Viechtach vom 28.9.1998 mangels Masse abgewiesen. Der verspätete Jahresabschluß für das Geschäftsjahr 1994 wurde am 12.12.1995 nachgeholt, der verspätete Jahresabschluß für das Geschäftsjahr 1996 am 5.11.1997. Beide Bilanzen hätten daher bei der Entscheidung über die Eröffnung eines Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens verwertet werden können. Daß die Berücksichtigung der Bilanzen unterblieben ist, liegt nicht an der verspäteten Fertigstellung, sondern, wie die Strafkammer festgestellt hat, daran, daß der mit der Erstellung des Gutachtens zur Frage des Vorhandenseins einer die Verfahrenskosten deckenden ...

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