Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 329 O 186/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 29, vom 24. November 2017 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 8.943,61 nebst Zinsen in Höhe von ö Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2016 sowie EUR 8,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Februar 2017 zu zahlen

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Von der Darstellung eines Tatbestands wird gemäß §§ 525, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet. Anders als das Landgericht angenommen hat. steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 8.943,61 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2016 sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Mahnkosten in Höhe von EUR 8,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit gegen die Beklagte zu.

1. Die Hauptforderung ergibt sich aus §§ 675, 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 VVG.

a. Zwischen dem bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin rechtsschutzversicherten ... sowie dessen mitversicherter Ehefrau ... (im Folgenden: Versicherungsnehmer) und der Beklagten bestand ein Anwaltsvertrag, aufgrund dessen die Beklagte die Versicherungsnehmer vorprozessual und in der ersten Instanz eines Rechtsstreits gegen die ... GmbH (im Folgenden: Versicherungsmaklerunternehmen) vor dem Landgericht ... (Geschäfts-Nr. ... im Folgenden: Vorprozess) vertrat.

b. Die Beklagte verletzte ihre Pflichten aus dem Anwaltsvertrag, indem sie den Versicherungsnehmern nicht von der Klagerhebung abriet.

aa. Der Rechtsanwalt muss die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung sorgfältig prüfen und den Mandanten über Prozessrisiken umfassend informieren. Ist sicher oder in hohem Maße wahrscheinlich, dass der Mandant den Prozess verliert, muss der Rechtsanwalt hierauf nachdrücklich hinweisen und von einer Klage abraten (Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Auf). 2018, § 280 Rdn. 70 m.w.N.). So verhielt es sich hier.

bb. Die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung im Vorprozess waren schlecht, was sich durch die dort ergangenen Entscheidungen bestätigte. Die Klage wurde durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6. September 2013 (Anlage K 6) abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Versicherungsnehmer, die in zweiter Instanz durch andere Rechtsanwälte vertreten waren, wurde durch Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 19. April 2016 (auszugsweise als Anlage K 14) zurückgewiesen. Die Beklagte räumt ein, dass der Vorprozess berechtigterweise verloren ging (S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 23. August 2018, Bl. 183 d.A.).

cc. Mit diesem Ausgang des Vorprozesses hätte die Beklagte bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage von vornherein rechnen und die Versicherungsnehmer entsprechend beraten müssen.

(1) Gegenstand des Vorprozesses war ein Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmer gegen das Versicherungsmaklerunternehmen, deren Rechtsvorgängerin der ... GmbH eine die Eheleute ... begünstigende Reisegepäckversicherung (Versicherungsschein vom 17. Februar 1994, Anlagenkonvolut K 19 im Vorprozess) und dem Versicherungsnehmer ... eine Familien-Vielschutzversicherung mit einer ihn und die mit ihm in einer häuslichen Gemeinschaft lebenden Personen begünstigende Hausratversicherung (Versicherungsschein vom 10. Mai 1996, Anlagenkonvolut K 19 im Vorprozess) bei der ... Versicherungs-AG verschafft hatte. Das Versicherungsmaklerunternehmen sollte dafür haftbar gemacht werden, dass die Rechtsnachfolgerin der ... Versicherungs-AG für einen Schaden aufgrund eines Raubüberfalls auf die Versicherungsnehmer in einem Ferienhaus in Südfrankreich, den sie zuletzt mit EUR 98.383,19 beziffert hatten, nur EUR 18.602,10 aus der Reisegepäckversicherung und EUR 9.681,00 aus der Hausratversicherung zahlte, so dass eine ungedeckte Differenz von EUR 70.100,09 verblieb. Die zu Gunsten der Versicherungsnehmer abgeschlossene Reisegepäckversicherung war auf eine Versicherungssumme von DM 20.000,00 pro Person beschränkt und bezog sich nicht auf Uhren und Schmucksachen aller Art. Bei abhandengekommenen Sachen war der Zeitwert versichert, also der Neuanschaffungspreis abzüglich eines Betrags für Alter, Abnutzung und Gebrauch. Dementsprechend zahlte die Reisegepäckversicherung nur für das von den Versicherungsnehmern angegebene Stehlgut ohne Uhren und Schmuck, soweit es sich um ihr Eigentum und nicht um Eigentum der ... GmbH handelte, und nahm einen Abzug von 10 % unter dem Gesichtspunkt "neu für alt" vor. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Reisegepäckversicherung vom 5. Juli 2012 (Anlage K 1). In der zu Gunsten der Versicherungsnehmer abgeschlossenen Hausratversicherung war die Außenversicherung auf 10 % der Versicherungssumme von DM 500.000,00, höc...

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