Leitsatz (amtlich)

1. Versteht der Verkehr den Hinweis auf ein soziales Engagement („K. unterstützt die Kindernothilfe e.V.”) wegen der Art der Anbringung der Werbung auf einer Ware unter dieser Marke dahin, der soziale Zweck werde in Abhängigkeit von dem Produktumsatz gefördert, so stellt sich diese Werbung auch dann als irreführend dar, wenn der Hersteller zwar keinen Kaufpreisanteil für jeden Artikel, dafür aber einen festen Gesamtbetrag für den sozialen Zweck abführt.

2. Das zur Entscheidung berufene Gericht darf nicht aus der angegriffenen Werbung andere Elemente als irreführend herausgreifen, die die klagende Partei nicht zum Gegenstand ihres Angriffs gemacht hat (vgl. BGH WRP 2001, 28 [29] – dentalästhetika). Dies hindert jedoch nicht, in diesem Rahmen weitere Argumente für die Begründung einer Irreführung heranzuziehen, als die angreifende Partei angeführt hat.

 

Normenkette

UWG §§ 1, 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 277/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 9.7.2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 13.000 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird sowohl für die erste Instanz als auch für das Berufungsverfahren in Abweichung der landgerichtlichen Festsetzung entspr. dem in der Klageschrift zutreffend angegebenen Klägerinteresse auf 300.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Wettbewerber im Handel mit Körperpflegeprodukten. Die Beklagte bietet u.a. eine Produktserie mit „Ka.”-Körperpflegemitteln an. Auf jeder Verkaufseinheit ist deutlich sichtbar folgender, in der Form eines Aufklebers gehaltene Hinweis angebracht:

Die Beklagte hat die Kindernothilfe e.V. finanziell unterstützt, und zwar in den Jahren 2001 und 2002 mit einem – von dem Umsatz der Ka.-Produkte unabhängigen Festbetrag von jeweils 100.000 DM bzw. 50.000 Euro.

Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin als wettbewerbswidrig. Sie steht auf dem Standpunkt, die Beklagte erwecke mit ihrer Werbung den unzutreffenden Eindruck, der Käufer könne mit dem Erwerb von Ka.Produkten über einen Anteil am Verkaufserlös unmittelbar auf die Höhe der der Kindernothilfe e.V. zugedachten Zuwendung Einfluss nehmen.

Das LG hat der Beklagten – im Anschluss an eine teilidentische Verbotsverfügung vom 20.3.2002 (LG Hamburg v. 20.3.2002 – 312 O 156/02) mit Urteil vom 9.7.2002 (LG Hamburg, Urt. v. 9.7.2002 – 312 O 277/02) untersagt, auf Ka.-Körperpflege-Produkten die oben gezeigte Abbildung anzubringen sowie in der Werbung für diese Produkte zu behaupten, ein Teil des Verkaufserlöses unter stütze die Kindernothilfe e.V. (MDR 2002, 943).

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Die Beklagte vertieft im Berufungsrechtszug ihren Rechtsstandpunkt zu der Zulässigkeit der angegriffenen Werbung und einem irrtumsfreien Verkehrsverständnis. Sie weist auf die Üblichkeit entsprechender Werbeaussagen anderer Unternehmen sowie das beim „Sponsoring” herausgebildete Verkehrsverständnis hin und bezweifelt im Hinblick auf die von ihr tatsächlich geleisteten Zahlungen die wettbewerbliche Relevanz einer etwaigen Irreführung.

Dem tritt die Klägerin insb. mit Ausführungen zum relevanten Verkehrsverständnis der unterschiedlichen Aussagealternativen entgegen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird i.Ü. auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat die Beklagte zu Recht und mit sorgfältiger Begründung zur Unterlassung verurteilt. Auf diese zutreffenden Ausführungen nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden

Anmerkungen:

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die von der Beklagten gewählte Form gefühlsbetonter Werbung mit einem Appell an das soziale Engagement des Käufers im Rahmen von § 1 UWG grundsätzlich zulässig. Hierzu hatte der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 2.10.2002 in dem Rechtsstreit 5 U 43/02 (OLG Hamburg v. 2.10.2002 – 5 U 43/02, GRUR-RR 2003, 51 – Bringt die Kinder durch den Winter) ausgeführt:

„1. Die Antragstellerin hat im Ausgangspunkt zutreffend auf die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung hingewiesen, nach der eine Werbung, durch die an die Gefühle des Umworbenen, hier an seine soziale Hilfsbereitschaft, appelliert wird, nicht in jedem Falle wettbewerbswidrig ist.

Es gehört zum Bild der modernen Werbung, bei dem Umworbenen auf die unterschiedlichste Weise auch auf seine Gefühlsregungen einzuwirken, um ihn so zu einem Erwerb d...

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