Leitsatz (amtlich)

Eine Werbung, mit der an die Gefühle der Umworbenen appelliert wird, ist als solche nicht wettbewerbswidrig (vgl. BVerfG 2002, 430). Verspricht ein Unternehmen in seiner Werbung, für jeden gekauften Gegenstand einen – nicht konkretisierten – Betrag an eine bestimmte gemeinnützige Einrichtung weiterzuleiten, so ist dies im Regelfall nicht zu beanstanden, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen werden, dass der Hilfsbeitrag z.B. tatsächlich nicht abgeführt wird oder derart gering ist, dass eine nennenswerte Unterstützung des sozialen Hilftszwecks hierdurch nicht erreicht werden kann.

 

Normenkette

UWG §§ 1, 3; GG Art. 2, 5

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 407 O 4/02)

 

Tenor

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 250.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und das Unternehmen E., um deren Geschäftsführer es sich bei den Antragsgegnern handelt, sind Wettbewerber im Handel mit Elektroartikeln. E. wickelt ihr Geschäft ganz überwiegend oder ausschließlich über das Internet ab.

Am 3.12.2001 war auf einer Internet-Seite dieses Unternehmens folgende Pressemeldung veröffentlicht:

„E., der Aschaffenburger Internet-Shop für Unterhaltungselektronik, Car HiFi und Navigationssysteme, Haushaltsgeräte und Telekommunikations-Einrichtungen unterstützt ab sofort die UNICEF-Aktion „Bringt die Kinder durch den Winter”.

Für jeden eingehenden Auftrag wird das Unternehmen in den nächsten Monaten einen festen Betrag an die internationale Hilfsorganisation überweisen.

Die im Oktober ins Leben gerufene Aktion wird in Deutschland u.a. von Ministerpräsidentin Heide Simonis, dem Literaturnobelpreisträger Günter Grass und der UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen unterstützt. „Es ist unerträglich, wie in Afghanistan ein ganzes Volk Opfer politischer und fanatischer Gewalt geworden ist. Gemeinsam mit UNICEF rufen wird deshalb in Deutschland zur Hilfe auf”, sagte Heide Simonis zum Start der Aktion.

„Wir wollen mit unserer Aktion UNICEF in ihren Bemühungen unterstützen, die Versorgung vor allem der Kinder zu sichern, die besonders unter den derzeit herrschenden Bedingungen zu leiden haben”, begründet E. Geschäftsführer L.K. die Initiative seines Hauses, die zunächst bei zum Frühjahr nächsten Jahres geplant ist.

E. wird außerdem auf seiner Homepage das UNICEF-Logo mit einem ausführlichen Hinweis auf die Aktion platzieren.”

Diese Darstellung beanstandet die Antragstellerin als wettbewerbswidrig.

Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 29.1.2002 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, den Antragsgegnern bei Vermeidung der üblichen Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit der Behauptung zu werben, man werde für jeden eingehenden Auftrag einen festen Betrag an eine Hilfsorganisation wie z.B. UNICEF überweisen, unter dem Gesichtspunkt der missbräuchlichen Rechtsverfolgung i.S.v. § 13 Abs. 5 UWG zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anl. Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Antragstellerin ist unbegründet. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Verbotsanspruch nicht zu.

I. Dabei bedarf es im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung, ob der Verfügungsantrag – wie es das LG gesehen hat – vor allem im Hinblick auf die erst nach Antragstellung ergangene BGH-Entscheidung „Missbräuchliche Mehrfachabmahnung” (BGH WRP 2002, 320ff – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung) i.S.v. § 13 Abs. 5 UWG rechtsmissbräuchlich verfolgt wird und deshalb bereits unzulässig ist. Denn der gestellte Antrag ist in der Sache selbst unbegründet und schon deshalb abzuweisen.

Die Frage, ob eine Klage wegen Rechtsmissbrauchs nach § 13 Abs. 5 UWG abzuweisen ist, kann – obwohl eine Frage der Zulässigkeit – nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dahinstehen, wenn der Antrag jedenfalls unbegründet ist. Denn der Gesetzeszweck des § 13 Abs. 5 UWG, Betroffene und Gerichte vor der Belastung durch missbräuchlich geltend gemachte Unterlassungsansprüche zu schützen, würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift auch dann – gegebenenfalls unter aufwendiger Erhebung von Beweisen – geprüft werden müssten, wenn bereits die Rechtsprüfung ergibt, dass die Klage unbegründet ist (BGH GRUR 1999, 509 – Vorratslücken).

II. Die von der Antragstellerin beanstandete Pressemeldung der e., für die die Antragsgegner als Geschäftsführer einzustehen hätten, ist weder unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen gefühlsbetonten Werbung bzw. eines wettbewerbswidrigen Vorspann- oder Kopplungsangebots (§ 1 UWG) noch als irreführenden Werbung (§ 3 UWG) zu beanstanden. Zumindest hat die Antragstellerin die insoweit erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht dargelegt.

1. Die Antragstellerin hat im Ausgangspunkt zutref...

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