Leitsatz (amtlich)

Persönlichkeitsrechtsverletzung durch redaktionelle Berichterstattung: Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 11.01.2008; Aktenzeichen 324 O 126/07)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Januar 2008, Az. 324 O 126/07, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Klage wird vollen Umfangs abgewiesen.

  • II.

    Die Berufung und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Januar 2008, Az. 324 O 126/07, werden zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

  • IV.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

  • IV.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Verbreitung eines die Klägerin zeigenden Bildnisses, die Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens EUR 75.000,00, die Zahlung einer fiktiven Lizenz in Höhe von EUR 250.000,00 sowie die Erstattung von Kosten in Höhe von EUR 997,37, die sie zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs aufgewandt hat.

Die Klägerin hat im Juli 2006 in Potsdam den bekannten Fernsehmoderator G. J. geheiratet, mit dem sie bereits seit langem zusammenlebt. Die bevorstehende Hochzeit war in der Öffentlichkeit bekannt. In einem u.a. auch an die Beklagte gerichteten Schreiben hatten die Klägerin und J. mehreren Medienunternehmen mitgeteilt, dass sie keine Berichterstattung über Einzelheiten ihrer Hochzeit wünschten. Die standesamtliche Trauung fand in dem Lustschloss Belvedere statt, die kirchliche Trauung in der Friedenskirche, die abendliche Hochzeitsfeier wieder im Schloss Belvedere. Alle Feierlichkeiten fanden als geschlossene Gesellschaft statt, zu der nur geladene Gäste und zugelassenes Personal Zugang hatten. Schloss und Kirche waren vorher mit weiß-roten Begrenzungsbändern ("Flatterbändern") abgesperrt worden und wurden von Leibwächtern bewacht. Unter den mindestens 150 erschienenen Gästen befanden sich viele prominente Persönlichkeiten, darunter mehrere Fernsehmoderatoren und Journalisten sowie der Regierende Bürgermeister Berlins. Im Verlag der Beklagten erscheint die Zeitschrift "B.". In deren Ausgabe vom 13. Juli 2006 (Auszüge Anlage K 6) wurde, angekündigt auf der Titelseite mit einem Bildnis, das die Klägerin und J. zeigt, und den Schlagzeilen "T. & G. J. Die geheimste Hochzeit des Jahres" auf den Seiten 28 bis 31 unter der Überschrift "Geheimnisvolle Hochzeitsparty in Sanssouci" über die Hochzeit berichtet. Illustriert war die Berichterstattung unter anderem auf Seite 28 mit einem Bildnis der Klägerin (Bildinnenschrift "Frisch getraut T. S. nach dem Jawort"), das sie nach der Trauung zeigt. Die Fotografie ist von außerhalb des abgesperrten Geländes aufgenommen worden; an welcher Stelle auf dem abgesperrten Gelände die Klägerin sich befand, als die Aufnahme angefertigt wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die Textberichterstattung enthielt, zum Teil mit genauen Uhrzeitangaben, eine Schilderung des Ablaufs der Ereignisse, die Beschreibung des Inneren der Örtlichkeiten, die Angabe der den Gästen angebotenen Speisen, der gespielten Musikstücke, Zitate eines Pastors, J. und des Vaters der Klägerin sowie die Schilderung, wie die vier Töchter des Hochzeitspaars in der Kirche den Segen für ihre Eltern erbaten; dabei wurde die Segensbitte der jüngsten, sieben Jahre alten Tochter wörtlich wiedergegeben und ihre Wirkung auf die Hochzeitsgäste geschildert. Außerdem wurde berichtet, dass das Hochzeitspaar statt Hochzeitsgeschenken um Spenden für ein Kinderheim gebeten hatte. Auf Abmahnungen der Klägerin gab die Beklagte hinsichtlich der beanstandeten Passagen aus der Textberichterstattung die begehrten Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. An Abmahnkosten entstanden der Klägerin hinsichtlich der angegriffenen Textberichterstattung EUR 997,37. Diesen Betrag hat die Beklagte - was sie erst in der Berufung, dort aber unwidersprochen vorgetragen hat - am 11. September 2006 an die Klägerin gezahlt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Verbreitung der streitigen Aufnahme rechtswidrig gewesen sei, dass ihr wegen der Veröffentlichung ihres Bildnisses, aber auch der Textberichterstattung ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenz in Höhe von EUR 250.000,00 zustehe und dass die Berichterstattung eine so schwere Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle, dass die Zuerkennung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens EUR 75.000,00 geboten sei.

Die Beklagte hält die Klage für insgesamt unbegründet.

Das Landgericht hat (nach einer teilweisen Klagerücknahme) die Verbreitung des beanstandeten Bildnisses verboten, einen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Lizenz ve...

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