Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 13.04.2000; Aktenzeichen 1 BvR 2080/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts, Zivilkammer 24, vom 24.4.98 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung nach einem Streitwert von 80.000 DM.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 10.000 DM vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat nämlich das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen, da der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs.2 BGB, 22, 23 KUG i.V. mit § 1004 BGB analog nicht zusteht.

Die von der Klägerin beanstandete Fotoserie zeigt diese während eines Sturzes im Badeanzug und mit einem Badetuch umhüllt in einem Strandbad an der Cote d'Azur.

Bei diesen Fotos handelt es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs.1 Nr. 1 KUG, so daß ihre Verbreitung auch ohne Einwilligung der Klägerin nicht rechtswidrig war. Wie von dem erkennenden Senat sowie dem Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bereits mehrfach entschieden wurde, ist die Klägerin als älteste Tochter des amtierenden F. v. M. eine Person der Zeitgeschichte, da die öffentliche Meinung Bildwerke über sie als bedeutsam und beachtenswert findet, und da demgemäß der Allgemeinheit ein durch ein Informationbedürfnis gerechtfertigtes Interesse an der bildlichen Darstellung ihrer Person zuzubilligen ist (vergl. u.a. BGH Urteil vom 19.12.95, AfP 96, 140, 141 m.w.N.).

Dies gilt regelmäßig unabhängig davon, bei welchem Anlaß die jeweiligen Fotos entstanden sind. So ist insbesondere unerheblich, ob die betreffende Person in offizieller Funktion oder bei privaten Tätigkeiten in Erscheinung getreten ist, da grundsätzlich jedes Bild, das sie zeigt, dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist. Es ist nämlich u.a. auch ihr Erscheinungsbild, an dem ein allgemeines Informationsinteresse besteht.

Wie sich aus § 23 Abs.2 KUG ergibt, gilt dies allerdings auch bei Personen der Zeitgeschichte nicht grenzenlos. Vielmehr ist im Rahmen der Bewertung, ob ein eigenes berechtigtes Interesse des Abgebildeten durch die Veröffentlichung verletzt wird, eine Abwägung zwischen dem allgemeinen Informationsinteresse (Art. 5 Abs.1 GG) und dem Schutz der Privatsphäre des Betroffenen (Art. 2 Abs.1 GG) vorzunehmen.

Diese Abwägung führt jedoch im vorliegenden Fall zu einem Vorrang der Presse- und Informationsfreiheit, hinter der das Recht der Klägerin auf Schutz ihrer Privatsphäre zurücktreten muß.

Die fraglichen Aufnahmen zeigen die Klägerin in der Öffentlichkeit. Bei dem „M. C. B.”, in dem sich die Klägerin aufhielt, handelt es sich nämlich unstreitig um ein Strandbad, das – bei Zahlung des Eintrittspreises – generell der Allgemeinheit zugänglich ist. Daß, wie die Klägerin vorträgt, die Betreiber darauf achten, daß niemand eingelassen wird, der den Eindruck erweckt, daß er andere Gäste fotografieren wolle, steht dem nicht entgegen. Maßgeblich ist vielmehr, daß sich die Klägerin nicht in einem privaten oder geschlossenen Bereich, sondern an einem Ort aufhielt, der generell jedem zugänglich ist, und somit einen Teil der Öffentlichkeit darstellt.

Wie der Bundesgerichtshof in dem zitierten Urteil vom 19.12.95 ausgeführt hat, ist allerdings einer Person der Zeitgeschichte eine schützenswerte Privatsphäre auch außerhalb des engeren häuslichen oder vor der Öffentlichkeit abgegrenzten Bereichs zuzubilligen. Dies soll insbesondere dann anzunehmen sein, wenn sich diese in eine örtliche Abgeschiedenheit zurückgezogen hat, in der sie objektiv erkennbar für sich allein sein wollte, und in der sie sich in der konkreten Situation im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit so verhalten hat, wie sie es in der breiten Öffentlichkeit nicht tun würde (BGH aaO. S. 142).

Um eine derartige Situation handelte es sich hier jedoch nicht. Zwar dürfte inzwischen weiten Kreisen der Presse bekannt sein, daß die Klägerin es ablehnt, bei privaten Vorgängen fotografiert zu werde. Allein ihre ablehnende Haltung genügt jedoch nicht, um die Verbreitung derartiger Fotos unzulässig zu machen, da die Klägerin als Person der Zeitgeschichte nicht berechtigt ist, über ihr Recht am eigenen Bild frei zu disponieren.

Ein weitergehendes typisch „privates” Verhalten der Klägerin im Vertrauen auf die Abgeschiedenheit ist hier jedoch nicht zu erkennen.

Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, kann insbesondere nicht der Sturz als ein derartiges Verhalten angesehen werden, da er unbeabsichtigt war und deshalb kein bewußtes Verhalten darstellen konnte.

Entgegen der Meinung der Klägerin ist auch nicht generell davon auszugehen, daß Schwimmbäder oder Badestrände im allgemeinen als privater Rückzugsbereich anzusehen sind, in dem die Privatsphäre absoluten Vorrang vor dem Interesse der Öffentlichkeit genießt. Zwar bringt es der Aufenthalt am Strand regelmäßig mit sich, daß Badende anders und meist spärlicher bekleidet zu sein pflegen als im täglichen Leben. Dies i...

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