Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 18.03.2005; Aktenzeichen 327 O 37/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen IX ZR 178/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 27, vom 18.3.2005 (Az. 327 O 37/05) abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich mit einer Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg vom 7.12.2004 (Az. 327 O 148/03).

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.).

Das LG hat der Klage stattgegeben. Es ist der Ansicht, der vom Beklagten nach Insolvenzeröffnung erworbene Kostenerstattungsanspruch sei neu erworbenes Vermögen, das in die Insolvenzmasse falle. Hierüber habe der Beklagte mangels Genehmigung durch seinen Insolvenzverwalter nicht verfügen, also den zukünftigen Anspruch auch nicht abtreten dürfen und sei deshalb immer noch Inhaber der Forderung. Ein Verfügungs- bzw. Vollstreckungsrecht aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss stehe deshalb nur dem Insolvenzverwalter des Beklagten zu. Sollte die Abtretung des Anspruches an die Mutter Alice M. des Beklagten wirksam gewesen sein, bestehe ebenfalls kein Kostenerstattungsanspruch, da dieser von der Generalquittung im Vergleich vom 22.12.2004 erfasst sei.

Gegen das ihm am 24.3.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 25.4.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung bis zum 24.6.2005 mit einem am selben Tage eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter. Er meint, dass es sich bei der Prozessfinanzierung um ein für "seine" Insolvenzmasse neutrales Geschäft gehandelt habe, so dass er den Kostenerstattungsanspruch habe abtreten dürfen. Im Übrigen habe sein Insolvenzverwalter - so behauptet der Beklagte nunmehr erstmals in der Berufungsbegründung - die Abtretung genehmigt. Von der Generalquittung sei die Forderung nicht erfasst worden, weil sie nicht Gegenstand des Vergleiches gewesen sei, da seinerzeit die Abtretung an seine Mutter - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - dem Kläger nicht bekannt gewesen sei.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Hamburg, Az. 327 O 37/05, vom 18.3.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und tritt den Berufungsangriffen des Beklagten entgegen.

Ergänzend zum Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist abzuweisen.

Die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg vom 7.12.2004 (Az. 327 O 148/03) ist nicht unzulässig.

Die Kostenerstattungsforderung gehört nicht zur Insolvenzmasse des Beklagten (vgl. nachfolgend 1.). Er war daher insoweit verfügungsbefugt und durfte - auch ohne Genehmigung seines Insolvenzverwalters - die Forderung an seine Mutter Alice M. abtreten. Etwaige Einwendungen des Klägers ggü. der Forderung, die dieser allenfalls hätte geltend machen können, sofern die Forderung Gegenstand der Insolvenzmasse des Beklagten gewesen wäre, greifen deshalb nicht durch. Aufgrund der Vereinbarung vom 9.5.2003 ist der Beklagte zur treuhänderischen Einziehung der nunmehr seiner Mutter Alice M. zustehenden Forderung im eigenen Namen berechtigt.

Die Forderung ist auch nicht erloschen, weil sie nicht von der im Vergleich zwischen dem Kläger und Alice M. vereinbarten Generalquittung erfasst worden ist (vgl. nachfolgend 2.).

1. Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen des Schuldners, das ihm zur Zeit der Verfahrenseröffnung gehört und (abweichend vom alten Konkursrecht) auch das Vermögen, das er während des Verfahrens erlangt (sog. "Neu-erwerb"). So gehören Lohnzahlungen, die der Schuldner nach Insolvenzeröffnung aus einer unselbständigen Tätigkeit erzielt, zur Insolvenzmasse, soweit sie den pfändungsfreien Betrag übersteigen (§ 36 InsO; Münchener Kommentar - Lwowski, Insolvenzordnung, 2001, § 35 Rz. 47). Bei selbständiger Tätigkeit des Schuldners ist der Insolvenzverwalter nach höchstrichterlicher Rechtsprechung verpflichtet, sämtliche Einnahmen des Schuldners komplett zur Masse zu ziehen (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.2003; NZI 2003, 389) und nicht etwa nur den nach Abzug von betrieblich veranlassten Ausgaben erzielten Gewinn (so teilweise die Literatur; vgl. Braun-Bäuerle, Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2004, § 35 Rz. 77).

Der Insolvenzve...

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