Entscheidungsstichwort (Thema)

Bauhaus aus Italien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das "Anbieten" von Verletzungsstücken eines in Deutschland urheberrechtlich geschützten Werks ggü. Endverbrauchern ist nur dann gem. § 17 Abs. 1 UrhG rechtswidrig, wenn sich diese Handlung auch auf ein Inverkehrbringen im Inland bezieht. Wird der Erwerbsvorgang vollständig und rechtskonform im Ausland abgeschlossen, liegt selbst bei einer Bewerbung ggü. den inländischen Verkehrskreisen keine in Deutschland verfolgbare Urheberrechtsverletzung vor.

2. Die hierdurch entstehenden Beeinträchtigungen sind von dem Berechtigten als Folge eines Schutzrechtsgefälles zwischen Europäischen Staaten im nicht-harmonisierten Bereich des Urheberrechts hinzunehmen.

3. Das Verbot solcher Maßnahmen stellte sich als ein Eingriff in den freien Warenverkehr entgegen Art. 28, 30 EG dar und wäre gemeinschaftsrechtswidrig. Einschränkungen der grenzüberschreitenden Bewerbung von im Ausland zulässigerweise hergestellten und vertriebenen Gütern können als "Maßnahmen gleicher Wirkung" wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen den Marktzugang erschweren.

4. Zum Bestandsschutzes bei der Unterstellung von Designobjekten unter den Urheberrechtsschutz nach italienischem Recht (Gesetzesdekret Nr. 164/2001 v. 12.4.01).

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 17.01.2003; Aktenzeichen 308 O 354/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.02.2007; Aktenzeichen I ZR 114/04)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 17.1.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf insgesamt 25.000 Euro festgesetzt.

Der Senat bewertet das Interesse der Kläger an einem Verbot des "Anbietens" sowie der Folgeansprüche nur mit der Hälfte der auf die übrigen beiden, wirtschaftlich wesentlich bedeutsameren Alternativen "Vertreiben" und "sonst wie in den Verkehr bringen" entfallenden Teilstreitwerte, und damit auf 1/5 des erstinstanzlichen Gesamtstreitwerts, der sich entsprechend auf die Einzelanträge verteilt.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist alleinige Lizenznehmerin der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Lampen, die Prof. Wilhelm Wagenfeld während seiner Tätigkeit am Bauhaus entworfen hat (Anlage K1). Der Kläger zu 2) ist Testamentsvollstrecker des verstorbenen Prof. Wagenfeld (Anlage K3). Auf der Grundlage der ihr eingeräumten Rechte stellt die Klägerin zu 1) her und vertreibt u.a. die sog. "Wagenfeld-Leuchte" (Anlage K2), die als Designobjekt der Bauhaus-Epoche verbreitet Wertschätzung erfahren hat.

Die Beklagte ist ein in Italien ansässiges Unternehmen. Sie bringt im Rahmen ihrer "Bauhaus-Kollektion" auch Nachbildungen der Wagenfeld-Leuchte auf den Markt. Ihren ursprünglichen Vertrieb dieser Leuchten nach Deutschland hatte die Beklagte auf Grund der Urheberrechtslage in Deutschland eingestellt. Nunmehr bewirbt sie deutschsprachig im Internet bzw. in Medien der Printwerbung eine Bezugsmöglichkeit, bei der deutsche Kunden Wagenfeld-Leuchten in Italien erwerben und - entweder unmittelbar oder zu Händen eines Spediteurs - zur Mitnahme nach Deutschland übereignet erhalten bekommen können. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Geschäftsmodell wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Dieses Verhalten beanstanden die Kläger als urheberrechtswidrige Umgehung inländischer Schutzvorschriften. Sie sind der Auffassung, insb. die gezielt auf den deutschen Endverbraucher gerichtete Werbung verwirkliche selbständig die Handlungsalternative des dem Urheber/Lizenznehmers vorbehaltenen "öffentlichen Anbietens" i.S.v. § 17 Abs. 1 UrhG.

Die Kläger haben in erster Instanz zunächst beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - diese zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer - zu unterlassen,

Tischlampen wie nachstehend gekennzeichnet durch folgende Merkmale anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder sonst wie in den Verkehr zu bringen:

es folgt eine Beschreibung der Wagenfeld-Leuchte

II. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über den Umfang der unter I. beschriebenen Handlungen zu erteilen;

III. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern allen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus den vorstehend unter Ziff. I. bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird.

Mit Schriftsatz vom 28.3.2002 hatte sich die Beklagte hinsichtlich der Handlungsalternativen "zu vertreiben und/oder sonst wie in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu br...

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