Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranhäuser

 

Leitsatz (amtlich)

1. Schließen sich mehrere Architekten zu dem Zweck eines gemeinsamen Werkschaffens und Vorlage eines einheitlichen Ergebnisses (hier: Nutzungskonzept im Rahmen eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs) zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen, so streitet die (widerlegbare) Vermutung der (Mit)Urheberschaft aus § 10 UrhG nicht nur im Hinblick auf das Gesamtwerk, sondern auch aller in ihm verbundenen Einzelelemente zugunsten jedes der beteiligten Architekten. Diese Vermutung entfaltet Wirkung nicht nur gegenüber Dritten, sondern auch im Verhältnis der Miturheber zueinander.

2. Die Vermutungswirkung besteht auch dann zugunsten aller Beteiligten, wenn einzelne Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft bereits ausdifferenzierte (und schon prämierte) Entwürfe in die gemeinsame Arbeit einbringen und hieraus solche Elemente in abgewandelter bzw. weiterentwickelter Form prägenden Ausdruck in dem Nutzungskonzept der Arbeitsgemeinschaft finden, die die jeweiligen Werkschaffer schon vor dem Zusammenschluss als Arbeitsgemeinschaft einzeln entworfen hatten.

3. Selbst wenn sich Einzelkomponenten sowohl der einbezogenen - bereits vorhandenen - Nutzungskonzepte als auch des Arbeitsresultats der Architektenarbeitsgemeinschaft in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wirtschaftlich ohne Weiteres gesondert verwerten lassen, kann sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben, dass zwischen den beteiligten Architekten das Rechtsverhältnis einer Miturheberschaft und nicht lediglich einer Werkverbindung besteht.

 

Normenkette

UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 8 Abs. 1, §§ 9-10

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 07.05.2004; Aktenzeichen 308 O 610/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.02.2009; Aktenzeichen I ZR 142/06)

BGH (Beschluss vom 21.02.2008; Aktenzeichen I ZR 142/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 7.5.2004 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage

I. werden der Kläger/Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu unterlassen, den in den Anlagen B12 und B39 wiedergegebenen Workshopentwurf ohne Zustimmung des Beklagten

a) zu bearbeiten und/oder umzugestalten, wie es insb. mit den in den Anlagen K6 und K14 enthaltenen Entwürfen geschehen ist,

und/oder

b) zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, auch in Gestalt einer Änderung

und/oder

c) diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen.

2. dem Beklagten schriftlich Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziff. 1.b. und c., zu c. unter Angabe der beteiligten Dritten und der erhaltenen Honorare.

II. wird festgestellt, dass der Kläger/Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Beklagten jeden Schaden zu ersetzen, der diesem infolge von Verletzungshandlungen gem. Ziff. I.1. entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 54 % allein, der Kläger/Widerbeklagte sowie die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) tragen als Gesamtschuldner 46 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger/Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) können die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu Ziff. I. gegen Sicherheitsleistung in EUR 160.000 abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Zwangsvollstreckung der Kosten können der Kläger/Widerbeklagte bzw. der Kläger/Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Beträge abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Architekten. Der Kläger/Widerbeklagte sowie die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) betreiben gemeinsam ein Architekturbüro.

Der Kläger und der Beklagte waren im Jahr 1992 jeweils erste Sieger eines Ideenwettbewerbs "Rheinauhafen" zur städtebaulichen Neugestaltung dieses Gebiets im Kölner Hafenbereich. Während bei dem Wettbewerbsentwurf des Beklagten (Anlage K3) in erster Linie das städtebauliche Gesamtkonzept besondere Beachtung des Preisgerichts fand, hob das Preisgericht bei dem Wettbewerbsentwurf des Klägers insb. die Wirkung dreier signifikanter Brückenhäuser hervor (Anlage K3, K13, K23, B5, B7).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in dem Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung, insb. die dort eingeblendeten Lichtbilder Bezug genommen.

Keines der beider Konzepte vermochte jedoch in der Folgezeit die Verantwortlichen der Stadt Köln als Auslober des Wettbewerbs zu überzeugen. Als sich abzuzeichnen begann, dass ...

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