Leitsatz (amtlich)

1. Die formularmäßige Vereinbarung einer längerfristigen (hier circa elfjährigen) Laufzeit eines zwischen Kaufleuten geschlossenen Mietvertrages über eine Telefonanlage verstößt auch nach der – durch das am 1.7.1989 in Kraft getretene Poststrukturgesetz erfolgten – Aufhebung der Fernmeldeordnung, welche eine Mindestüberlassungsdauer von zehn Jahren für posteigene Nebenstellen vorsah, nicht gegen § 9 AGBG. Auch die sich in einem raschen Wandel befindende Entwicklung der Fernmeldetechnik steht jedenfalls für den Zeitpunkt Ende November 1989 dem wirksamen Abschluss eines solchen längerfristigen Mietvertrages nicht entgegen.

2. Sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vermieters vor, dass bei vorzeitiger Aufgabe der Telefonanlage der Anspruch des Vermieters grundsätzlich auf pauschalierten Schadensersatz (hier: in Höhe der Hälfte der Mieten bis zum Ende der vereinbarten Vertragsdauer, höchstens drei Jahresmieten) beschränkt ist und nur bei vorzeitiger Aufgabe der vermieteten Anlage und Anmietung oder Kauf einer neuen Anlage bei einem anderen Unternehmen das Wahlrecht zwischen Vertragserfüllung und pauschaliertem Schadensersatz eröffnet ist, so ist diese Regelung auch unter dem Blickwinkel des Transparenzgebotes des § 9 AGBG nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

AGBG § 9; BGB §§ 326, 535, 812

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 419 O 62/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 19 für Handelssachen, vom 18.12.2000 (419 O 62/00) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen auf den der Klägerin zuerkannten Geldbetrag seit dem 1.4.2000 nur i.H.v. 5 % p.a. zu zahlen hat.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte, ein Speditionsunternehmen, mietete bei der Klägerin mit Vertrag vom 29.11.1989 (Anlage M 1) eine neue Fernmeldeanlage, und zwar als Ersatz für eine bis dahin ebenfalls bei der Klägerin gemietete kleinere und billigere Anlage. In Ziff. 3.1 der Allgemeinen Bedingungen zum Miet- und Schutzvertrag (im Folgenden: AGB) heißt es zur Vertragsdauer:

Das Vertragsverhältnis beginnt mit dem Abschluss dieses Jahres. Es erstreckt sich auf das bei Betriebsbereitschaft der Anlage laufende Jahr und die sich anschließenden zehn folgenden Kalenderjahre. …

Wegen der für den Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung getroffenen Regelungen wird auf Ziff. 3.2 der AGB verwiesen.

Die Miete von seinerzeit monatlich 2.645,30 DM (netto) sollte von dem Tage der Betriebsbereitschaft der Anlage an für den Rest des laufenden Kalendervierteljahrs sofort und später vierteljährlich im Voraus gezahlt werden. Die Beklagte ermächtigte die Klägerin widerruflich, die zu zahlenden Beträge zu den Fälligkeitsterminen zu Lasten eines ihrer Bankkonten einzuziehen.

Die Fernmeldeanlage wurde zu einem inzwischen streitigen Zeitpunkt in den damaligen Geschäftsräumen der Beklagten betriebsbereit installiert und am 26.2.1990 durch die Deutsche Bundespost abgenommen (Anl. M 2).

Rückwirkend ab dem 1.3.1990 stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 9.4.1990 die in dem Mietvertrag vom 29.11.1989 vereinbarte Miete in Rechnung (Anl. 1 zum Verhandlungsprotokoll vom 22.2.2002).

Mit Schreiben vom 25.6.1998 (Anl. B 1) kündigte die Beklagte den Vertrag zum 1.7.1998. Sie teilte der Klägerin mit, dass sie wegen einer Fusion umgezogen sei und bat darum, die „Telefonzentrale” so schnell wie möglich zurückzunehmen. Die Klägerin widersprach der Kündigung sogleich. Auf telefonisches Bitten der Beklagten vom 21.8.1998 erklärte sie sich allerdings mit Schreiben vom 3.9.1998 (Anl. M 4) bereit, die Demontage am 9.9.1998 durchzuführen und die Anlage vorbehaltlich der zu zahlenden Mieten für die Beklagte auf Lager zu nehmen. Entsprechend diesem Schreiben wurde verfahren. Unter dem 26.11.1998 (Anl. M 5) bat die Beklagte um die Erstellung einer Endabrechnung für den Mietvertrag. Mit Schreiben vom selben Tage (Anl. M 6) bestand die Klägerin auf Vertragserfüllung.

Aufgrund der ihr erteilten, bis dahin nicht widerrufenen Einziehungsermächtigung zog die Klägerin die im Vertrag vorgesehenen Mieten für die Zeit bis einschließlich des IV. Quartals 1999 ein.

Mit Datum vom 1.1.2000 (Anlage M 3) stellte die Klägerin der Beklagten für das I. Quartal 2000 Miete in Höhe der Klagforderung in Rechnung. Diese Rechnung bezahlte die Beklagte nicht.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihre Mietzinsforderung für das Quartal I/2000 weiter, während die Beklagte mit ihrer Widerklage Rückzahlung der für die Quartale III/1998 bis IV/1999 eingezogenen Mieten begehrt.

Mit Urteil vom 18.12.2000 (419 O 62/00), auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitsta...

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