Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Mahnpauschalenklausel (hier i.H.v. 5,95 EUR)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Verwender einer Mahnpauschalenklausel muss im Rahmen von § 309 Nr. 5a BGB darlegen und ggf. beweisen, dass die Pauschale dem typischen Schadensumfang entspricht.

2. Personalkosten sind als individueller Mahnschaden nur in dem Umfang erstattungsfähig, wie sie durch die Mahnung als solche, also für die an den Schuldner gerichtete Leistungsaufforderung, anfallen. Bei Großunternehmen, die Mahnungen maschinell erzeugen, können derartige Personalkosten für das Ausdrucken, die weitere Verarbeitung (das Eintüten) und die Weiterleitung des Mahnschreibens auf dem Postweg anfallen, soweit nicht auch diese Maßnahmen maschinell erfolgen.

3. Sonstige Personalkosten, die dadurch ausgelöst werden, dass Mitarbeiter des Verwenders im konkreten Einzelfall prüfen, ob der Zahlungsverzug des Schuldners zum Anlass für weiter gehende Maßnahmen, z.B. eine Sperrung des Kunden, gemacht werden sollen, dürfen in eine Mahnpauschale nicht einberechnet werden.

4. Die Höhe einer nach § 309 Nr. 5a BGB zulässigen Mahnpauschale kann nicht allgemein bestimmt werden, sondern hängt stets von tatsächlich durchschnittlich anfallenden Kosten ab. Soweit insofern eine Anwendung des § 287 ZPO zugunsten des Verwenders der Klausel überhaupt in Betracht kommt, hätte dieser hinreichend genaue Tatsachen darzutun, die dem Gericht eine Schätzung des gewöhnlichen Schadens ermöglichen.

 

Normenkette

BGH § 309 Nr. 5a; UKlaG § 1; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 18.03.2013; Aktenzeichen 312 O 574/12)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 18.3.2013 (Az.: 312 O 574/12) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bezüglich der Mahngebührklausel in der am 12.9.2012 geltenden Preisliste der Beklagten zu.

Die darin festgelegte Mahngebühr in Höhe von 5,95 EUR ist als pauschalierter Schadensersatzanspruch des Verwenders am Maßstab des § 309 Nr. 5a BGB zu messen und unwirksam, weil nicht festgestellt werden kann, dass sie dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden entspricht.

Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass der Verwender im Rahmen von § 309 Nr. 5a BGB darlegen und ggfls. beweisen muss, dass die Pauschale dem typischen Schadensumfang entspricht. Dies ist auch die vorherrschende Meinung in der Rechtsprechung (wie hier: OLG Schleswig MDR 2013, S. 579; OLG Brandenburg, MDR 2012, S. 391, BGH NJW 1977, S. 381) und Literatur (Palandt/Grüneberg, § 309 Rz. 29 f., Münch/Komm-Wurmnest, § 309 Nr. 5 Rz. 16; Erman-Roloff § 309 Nr. 5 Rz. 48f).

Zutreffend ist zwar, dass es zu dieser Frage eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung nicht gibt (bejahend BGH NJW 1977 S. 381 zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des AGBG; offen gelassen etwa BGH NJW-RR 2000, S. 719 und NJW 1982, S. 33 f. jeweils zu § 11 Nr. 5 AGBG) und insbesondere in der Literatur auch eine davon abweichende Ansicht vertreten wird (Ulmer/Brandner/Hensen-Fuchs § 309 Nr. 5 Rz. 23; Wolf/Lindacher/Pfeiffer-Dammann § 309 Rz. 82 ff.).

Die Ansicht der Beklagten, der Kläger habe darzulegen und zu beweisen, dass die streitgegenständliehe Mahnkostenpauschale nicht dem typischen Schadensumfang entspräche, überzeugt jedoch nicht.

Nach allgemeinen Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen trägt grundsätzlich der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast für Art und Umfang des erlittenen Schadens. Ferner ist aus Gründen der Zumutbarkeit zu vermeiden, dass derjenige in die Beweislast gedrängt wird, dem die Einblicke in die entscheidungsrelevanten Verhältnisse des Prozessgegners fehlen. Die Vertragspartner des Verwenders haben in der Regel keinen Einblick in die in der Sphäre des Verwenders liegenden Kalkulationsprinzipien und Berechnungsfaktoren, die die Schadenspauschale bestimmen (ähnlich auch OLG Schleswig a.a.O.). Weder Grund noch Höhe dieser schadensbildenden Faktoren sind Außenstehenden erkennbar, so dass schon aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten eine Darlegungs- und Beweislast des Verbrauchers ausscheidet (vgl. insoweit auch BGH NJW 1977, S. 381, wonach eine Beweislast des Schädigers für die Angemessenheit der Pauschale als praktisch aussichtslose Beweislage bezeichnet wird).

Entgegen der Ansicht der Beklagten verliert die Pauschale auch nicht ihren Sinn, wenn der Verwender nachweisen muss, dass diese dem typischen Schadensumfang entspricht. Denn der Verwender muss gerade nicht im Einzelfall seinen konkreten Schaden darlegen und beweisen, insbesondere nicht seine innerbetriebliche Kalkulation offen legen (so auch OLG Brandenburg, MDR 2012, S. 391 f.), sondern im Rahmen von § 309 Nr. 5a BGB lediglich Tatsachen vortragen und ggfls. beweisen, die eine Feststellung dazu ermöglichen, dass die Pauschale sich am durchschnittlichen Schade...

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