Leitsatz (amtlich)

Ein Prüfer des TÜV, der im Rahmen einer Kfz-Hauptuntersuchung einen unrichtigen Untersuchungsbericht erstellt, begeht auch unter Berücksichtigung der aktuellen Fassung des § 29 StVZO keine Falschbeurkundung im Amt nach § 348 Abs. 1 StGB (offen bleibt, ob etwas anderes für eine im selben Zusammenhang erfolgende Erteilung der TÜV-Plakette gilt).

 

Normenkette

StGB § 348

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 04.07.2012)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer ..., vom 4. Juli 2012 aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Hamburg hat den Angeklagten am 5. September 2011 wegen Falschbeurkundung im Amt in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 € verurteilt.

Das Landgericht Hamburg hat die dagegen vom Angeklagten eingelegte Berufung verworfen und auf die Berufung der Staatsanwaltschaft auf eine höhere Gesamtgeldstrafe erkannt.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt und Freispruch begehrt wird.

II.

Die Revision ist begründet. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bescheinigte der Angeklagte in seiner Funktion als TÜV-Sachverständiger einem Klein-LKW, der im Zeitraum vom 15. September 2008 bis 22. April 2010 ausweislich fünf unabhängiger Sachverständigenbegutachtungen aufgrund seiner erheblichen, durchgehend bestehenden technischen Mängel insgesamt verkehrsunsicher war, bei drei in diesem Zeitraum durchgeführten Haupt- bzw. Nachuntersuchungen in den betreffenden Untersuchungsberichten lediglich "geringe Mängel", "erhebliche Mängel" sowie "ohne erkennbare Mängel", wobei er jeweils damit rechnete und es billigend in Kauf nahm, dass das Fahrzeug Mängel hatte, die zur Verkehrsunsicherheit führten. Im Einzelnen habe der Angeklagte, so das Landgericht, in dem am 23. Oktober 2008 von ihm erstellten und unterzeichneten Hauptuntersuchungsbericht dem tatsächlich verkehrsunsicheren Fahrzeug "geringe Mängel" attestiert, als nächsten Hauptuntersuchungstermin "10-2010" vermerkt und im Untersuchungsbericht weiterhin "HU-Plakette: nein" sowie "Eine Prüfplakette wurde nicht zugeteilt" vermerkt (UA S. 11). In dem am 16. März 2010 vom Angeklagten gefertigten und unterzeichneten Hauptuntersuchungsbericht habe der Angeklagte dem auch zu diesem Zeitpunkt verkehrsunsicheren Fahrzeug neben der Auflistung einiger konkreter Mängel insgesamt "erhebliche Mängel" bescheinigt und eine Nachprüfung innerhalb eines Monats unter Vorlage des Untersuchungsberichts angeordnet. Ferner habe er auf dem Bericht "HU-Plakette: nein" vermerkt (UA S. 18). Aufgrund der daraufhin am 17. März 2010 erfolgten Nachuntersuchung des Fahrzeugs habe der Angeklagte im unterzeichneten Hauptuntersuchungsbericht trotz Fortbestandes der mängelbedingten Verkehrsunsicherheit dem Klein-LKW als Ergebnis "ohne erkennbare Mängel" bescheinigt, als nächsten Hauptuntersuchungstermin "03-2012" festgehalten sowie "HU-Plakette: nein" und "Eine Prüfplakette wurde nicht zugeteilt" vermerkt. Der Untersuchungsbericht enthalte ferner den Hinweis, die HU-Plakette werde vom Straßenverkehrsamt zugeteilt (UA S. 19).

Die Urteilsgründe ergeben die Feststellung des Landgerichts, dass der Angeklagte in allen drei angeklagten Fällen dem Fahrzeug weder eine HU-Prüfplakette erteilte noch eine solche an einem Kennzeichen anbrachte. Dies gilt - abweichend von den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg in ihrem Antrag vom 19. Oktober 2012 - auch für das Tatgeschehen vom 23. Oktober 2008 (Fall 1). Denn nach den Urteilsgründen ist nach einer am 13. Februar 2008 durchgeführten Hauptuntersuchung, bei welcher dem Fahrzeug geringe Mängel bescheinigt worden sind und die Fälligkeit der nächsten Hauptuntersuchung auf Februar 2010 festgesetzt worden ist, die HU-Plakette durch den Prüfingenieur erteilt worden (UA S. 25). Diese Plakette habe durch die Zulassungsbehörde auch angebracht werden können (UA S. 6). Anhaltspunkte dafür, dass die Prüfplakette bis zum etwa acht Monate später liegenden Zeitpunkt der ersten durch den Angeklagten am 23. Oktober 2008 vorgenommenen Hauptuntersuchung vom Fahrzeug entfernt oder das Fahrzeug stillgelegt worden wäre, finden sich nicht. Ferner heißt es, der Angeklagte habe sich im Rahmen der Hauptverhandlung zu den konkreten Tatvorwürfen dahingehend eingelassen, eine Prüfplakette nicht erteilt zu haben (UA S. 24). Die Kammer hat dem Angeklagten ausweislich der Urteilsgründe auch diesbezüglich geglaubt.

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts erfüllt die Erstellung unrichtiger TÜV-Untersuchungsberichte im Rahmen von Kraftfahrzeughauptuntersuchungen - wie die Generalstaatsanwaltschaft und die Verteidigung zutreffend und in Übereinstimmung mit der bisher einhe...

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