Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 26.02.2004; Aktenzeichen 318 T 148/03, 303-II 69/02)

 

Tenor

Auf die jeweilige sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers vom 24.3.2004 sowie des Antragsgegners vom 31.3.2004 wird der Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 18, vom 26.2.2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das LG Hamburg zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf Ziff. I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses des LG zur Vermeidung von unnötiger Wiederholungen verwiesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG die von beiden Beteiligten jeweils eingelegten sofortigen Beschwerden zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss des LG wenden sich beide Beteiligten mit ihrer jeweiligen weiteren sofortigen Beschwerde.

Der Antragsteller begehrt der Sache nach, die Verpflichtung des Antragsgegners zur Duldung der Anbringung aller acht Balkone an der rückwärtigen Fassade des Vorderhauses, der Antragsgegner beantragt, den Beschluss des LG aufzuheben, soweit seine Beschwerde gegen den Beschluss des AG zurückgewiesen wurde und den Antrag des Antragstellers insgesamt zurückzuweisen.

II. Die jeweilige weitere sofortige Beschwerde des Antragstellers sowie des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Hamburg vom 26.2.2004 ist zulässig, §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, 27, 29, 22 Abs. 1 FGG.

Beide Beschwerden sind auch in der Sache begründet und führen zur Aufhebung des Beschlusses des LG und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur anderweitigen Behandlung und erneuten Entscheidung.

Die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Im Verfahren der weiteren Beschwerde kann die Entscheidung der Tatsacheninstanz nur auf Rechtsfehler geprüft werden. Dabei kommt es darauf an, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG), sich bei der Beurteilung des Beweisstoffes mit allen wesentlichen Umständen auseinander gesetzt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften (§ 15 FGG) sowie gegen Denkgesetze und zwingende Erfahrungssätze oder den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen und die Beweisanforderungen zu hoch angesetzt oder vernachlässigt hat (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., Rz. 42 zu § 27 FGG).

Diesen Kriterien hält die Entscheidung des LG nicht stand.

Zutreffend geht das LG zwar erkennbar davon aus, dass die vom Antragsteller geplante Errichtung der Balkone als bauliche Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG zu werten ist. Ebenfalls zutreffend führt das LG aus, dass die abdingbare Vorschrift des § 22 Abs. 1 WEG (vgl. Bärmann/Merle WEG, 9. Aufl., Rz. 280 zu § 22 WEG) vorliegend durch § 3 Ziff. 1 der Teilungserklärung vom 22.8.1990 dahingehend abgeändert worden ist, dass jeder Wohnungseigentümer berechtigt ist, sein Sondereigentum bzw. die ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Räume handwerksgerecht unter Einhaltung aller gesetzlicher Bestimmungen aus- und/oder umzubauen, wobei er auch Gemeinschaftseigentum verändern darf, wenn dadurch die übrigen Eigentümer nicht wesentlich benachteiligt werden.

Das LG führt jedoch sodann weiter aus, dass es für die Beurteilung der Frage, ob durch die an der Rückfassade des Vorderhauses zu errichtenden acht Balkone die übrigen Eigentümer wesentlich benachteiligt werden, darauf ankomme, ob die Hinterhausbewohner bzw. der Antragsgegner durch die Errichtung dieser Balkone einen wesentlichen Nachteil erleiden, d.h. im größeren Umfang beeinträchtigt werden, als nach § 14 Ziff. 1 WEG zulässig sei. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Rechtssphäre des Antragsgegners durch die Errichtung der auf der rechten Seite geplanten vier Balkone liege schon darin, dass diese Bal-kone in den Luftraum über der dem Antragsgegner zugewiesenen Sondernutzungsfläche hineinragen werden. Hierin liege nach objektiver Betrachtung aus der Sicht des Antragsgegners unabhängig von der Größe und der sonstigen optischen Gestaltung der Balkone sowie der Art und Weise der Nutzung der Sondernutzungsfläche eine mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigung der Rechtssphäre des Antragsgegners.

Gemäß § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, sein Sondereigentum so instand zu halten und von diesem sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Nachteil ist hierbei jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Eine erhebliche Beeinträchtigung ist demgegenüber nicht erforderlich. Nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen bleiben außer Betracht. Dabei enthält der zweite Tatbestand des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG eine negative Unterlassungspflicht, nämlich das Verbot übermäßigen Gebrauchs (Bärmann/Pick, a.a.O., Rz. 32 zu § 14 WEG m.w.N....

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