Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Die Landesjustizverwaltungen haben dafür Sorge zu tragen, dass die Möglichkeiten der von Verfassungs wegen gebotenen Besserstellung im Vollzug der Sicherungsverwahrung soweit ausgeschöpft werden, wie sich dies mit den Belangen der Justizvollzugsanstalten verträgt (vgl. BVerfG, Beschl. vom 05.02.04).

  • 2.

    Die Ablehnung des Antrags eines Sicherungsverwahrten auf Zuweisung eines größeren Haftraums allein mit dem Hinweis auf die für Strafgefangene geltenden Mindeststandards ist ermessensfehlerhaft. Dieser Fehler wirkt sich auch auf die Ablehnung der begehrten Möblierung aus.

  • 3.

    Die Besserstellung der Sicherungsverwahrten ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Einhaltung des geforderten Sicherheitsstandards nur mit zusätzlichem Personalaufwand zu leisten ist. Sie findet ihre Grenze allerdings dort, wo die absolute Grenze der Anstaltssicherheit überschritten wird. Deshalb ist der Besitz eines Mobiltelefons oder eines I-Pods in Anstalten der höchsten Sicherheitsstufe auch für Sicherungsverwahrte nicht zulässig.

  • 4.

    Das Besserstellungsgebot gilt unabhängig davon, ob die Sicherungsverwahrung auf einer besonderen Station vollzogen wird oder nicht. Insbesondere spielt es keine Rolle, ob die Besserstellung der Sicherungsverwahrten bei den Mitgefangenen Neidgefühle erweckt oder nicht.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 09.04.2008; Aktenzeichen 609 Vollz 142/07)

 

Tenor

  • 1.

    Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung der Rechtsbeschwerde gemäß der Antragsschrift vom 22.05.08 gewährt.

  • 2.

    Auf die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers werden der Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 5 als Strafvollstreckungskammer - vom 09.04.08 und der Widerspruchsbescheid der JVA Fuhlsbüttel vom 10.07.07 aufgehoben, soweit der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuweisung eines größeren Haftraums, sowie auf Zulassung des Besitzeseines Couchtisches,zweier Sessel,eines Wohnzimmerschranks,eines Küchenschranks,eines Kühlschranks,einer Waschmaschine,einer Mikrowelle,einer größeren Stereoanlage mit Boxen,eines DVD-Abspielgeräts,eines Computers,eines Drucker-Scanner-Kopierers (Marke Lexmark 2450),

    zurückgewiesen wurde.

  • 3.

    Im Umfang der Aufhebung wird die JVA Fuhlsbüttel verpflichtet, den Widerspruch des Beschwerdeführers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

  • 4.

    Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

  • 5.

    Der Gegenstandswert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt (§§ 52, 60 GKG).

  • 6.

    Die Kostenentscheidung der landgerichtlichen Entscheidung wird dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdeführer die Hälfte der Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

    Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer 1/5 zu tragen.

 

Gründe

I.

Dem Beschwerdeführer ist von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 120 Abs. 1 StVollzG i. V. m. § 45 StPO bezüglich seiner Beschwerdeschrift vom 22.05.08 zu gewähren. Aus dem Vermerk des Rechtsantragsdienstes vom 23.05.08 ergibt sich, dass die Versäumung der mit dem 13.05.08 abgelaufenen Rechtsbeschwerdebegründungsfrist ihre Ursache nicht in einem schuldhaften Verhalten des Beschwerdeführers, sondern in der Bearbeitungsdauer beim Rechtsantragsdienst hatte.

II.

Der Beschwerdeführer befindet sich nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe seit dem 05.07.07 in der Sicherungsverwahrung der JVA Fuhlsbüttel der Beschwerdegegnerin. Die Sicherungsverwahrung wird auf einer Station für Strafgefangene vollstreckt. Die Parteien streiten darüber, inwieweit dem Beschwerdeführer als Sicherungsverwahrtem bestimmte Privilegien bei der Haftraumgröße und - ausstattung zustehen.

Im Hinblick auf die bevorstehende Vollstreckung der Sicherungsverwahrung beantragte der Beschwerdeführer am 10.05.07 bei der JVA neben den im obigen Tenor genannten Gegenständen den Besitz

  • a)

    eines Teppichs, von Gardinen, diversen Geschirrs, diverser Heimtextilien, diverser Haushaltswaren, diverser Musik CDs und diversen Kleinwerkzeugs

  • b)

    von Topfblumen, von Lampen und eines Couchbettes,

  • c)

    eines Handy und eines I-Pods mit Kopfhörer

zuzulassen.

Außerdem beantragte er, die Zuweisung eines "entsprechenden Wohnraums".

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.07 wies die JVA Fuhlsbüttel darauf hin, dass die unter Ziff. a) aufgeführten Gegenstände generell genehmigungsfähig seien, der Beschwerdeführer die Gegenstände allerdings näher bezeichnen müsse. Im Übrigen wies die JVA den Widerspruch zurück.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid stellte der Beschwerdeführer am 25.07.07 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung und beantragte,

die JVA zu verpflichten, ihm den Besitz aller aufgeführten Gegenstände zu gestatten und ihm einen "entsprechenden privaten sozialen Wohnraum" zuzuweisen.

Die JVA beantragte,

den Antrag abzuweisen.

Im März 2008 eröffnete die JVA Fuhlsbüttel eine gesonderte Abteilung für Sicherungsverwahrte. Die Unterbringung des Beschwerdeführers in der Abteilung für Strafgefangene dauerte fort.

Mit dem angefochtenen Beschluss entsprach die Straf...

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