Entscheidungsstichwort (Thema)

Richterliches Ermessen bei Aufnahme eines Bewerbers in Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter

 

Normenkette

EGGVG §§ 23, 28

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 20.7.2005 wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist Fachanwalt für Insolvenzrecht. Ausweislich eines von ihm benutzten Briefkopfes führt er ein Büro in Hamburg sowie in Kooperation mit zwei weiteren Rechtsanwälten ein Büro in Leipzig. Er begehrt die Aufnahme in die bei den Abteilungen 67c/68c des Insolvenzgerichts Hamburg geführte Vorauswahlliste für Insolvenzverwalter.

Der zuständige Richter dieser Abteilungen hat seinen Antrag mit Schreiben vom 17.6.2005 abschlägig beschieden. Gegen diesen dem Antragsteller formlos, nach seinen eigenen Angaben am 22.6.2005 zugegangenen Bescheid beantragt er mit dem am 22.7.2005 beim OLG eingegangenen Schriftsatz vom 20.7.2005 die gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG.

Er ist der Auffassung, der Amtsrichter sei von falschen Voraussetzungen bei der Ausübung seines Auswahlermessens ausgegangen und habe sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Der Amtsrichter hat am 3.8.2005 eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben, auf die der Antragsteller mit Schreiben vom 26.9.2005 ebenfalls umfangreich erwidert hat.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist entsprechend § 23 EGGVG zulässig. Nach der Entscheidung des BVerfG vom 3.8.2004 (BVerfG v. 3.8.2001 - 1 BvR 135/00, NJW 2004, 2725 ff.) muss das Vorauswahlverfahren zur Bestellung von Insolvenzverwaltern gem. Art. 19 Abs. 4 GG justiziabel sein, wobei sich als Rechtsweg eine entsprechende Anwendung von § 23 EGGVG anbietet.

Der Antrag ist auch innerhalb der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG beim OLG eingegangen.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Innerhalb des begrenzten Prüfungsrahmens des Gerichts im Verfahren nach den §§ 23 Abs. 1, 28 Abs. 1 und 3 EGGVG ist eine Rechtswidrigkeit des ablehnenden Bescheides des Insolvenzrichters vom 17.6.2005 sowie eine Rechtsverletzung des Antragstellers hierdurch nicht festzustellen. Dem Insolvenzrichter ist nicht nur bei der Bestellung des Insolvenzverwalters (BVerfG v. 3.8.2001 - 1 BvR 135/00, NJW 2004, 2725 [2727]), sondern auch im Rahmen der Vorauswahl geeigneter Bewerber für die Aufgaben eines Insolvenzverwalters ein weites Auswahlermessen zuzugestehen. Denn ein zugelassener generell geeigneter Bewerber aus der im Vorauswahlverfahren geschaffenen Liste hat auch ein Recht auf eine willkürfreie Einbeziehung in die Auswahl bei einer konkret anstehenden eigentlichen Bestellung als Insolvenzverwalter (OLG Koblenz v. 12.5.2005 - 12 VA 1/04, OLGReport Koblenz 2005, 725 = NJW-RR 2005 1075 ff. [1078]). Von daher ist dem Insolvenzrichter bereits bei seiner Entscheidung über die Aufnahme von Bewerbern in die Vorauswahlliste in demselben Umfang ein Auswahlermessen zuzubilligen, wie bei der konkreten Auswahl und Bestellung eines Insolvenzverwalters im Einzelfall.

Die vom Amtsrichter getroffene Ermessensentscheidung hält im Ergebnis einer gerichtlichen Überprüfung stand. Jedenfalls die Stellungnahme des Richters vom 3.8.2005 lässt erkennen, dass dieser bei seiner ablehnenden Entscheidung vom 17.6.2005 den Sachbereich angemessen vollständig in den Blick genommen, keine allgemein gültigen Bewertungsmaßstäbe verletzt und sich nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Der Umstand, dass der Richter seine umfangreichen Beanstandungen der bisherigen Tätigkeit des Antragstellers als Insolvenzverwalter nicht bereits in den ablehnenden Bescheid mit aufgenommen hat, steht dem nicht entgegen. Bereits in seinem weiteren Schreiben vom 5.7.2005 an den Antragsteller hatte der Richter angekündigt, für den Fall, dass der Antragsteller seine Entscheidung anfechten werde, eine weitere Stellungnahme abzugeben. Da die in der Stellungnahme des Richters vom 3.8.2005 neu angeführten Gründe bereits bei Erlass des ablehnenden Bescheides vorhanden waren und hierdurch dieser Bescheid auch nicht in seinem Wesen verändert wird, ist ein derartiges Nachschieben von Gründen zulässig (Zöller/Grummer, ZPO, 25. Aufl., § 28 EGGVG Rz. 4). Der Antragsteller hatte im vorliegenden Verfahren auch die Möglichkeit, zu der nachgeschobenen ausführlichen Begründung des Amtsrichters für seine ablehnende Entscheidung selber Stellung zu nehmen.

Dem Amtsrichter war es auch nicht verwehrt, für seine Entscheidungsfindung darüber, ob er den Antragsteller in seine Vorauswahlliste aufnimmt, eine eigene Bewertung der vom Antragsteller bereits erbrachten Tätigkeit in Insolvenzverfahren bei anderen Abteilungen des Insolvenzgerichts vorzunehmen. Denn hierdurch konnte er sich ein eigenes Bild von der Integrität sowie Qualifikation und Arbeitsleistung des Antragstellers verschaffen. Das Gericht braucht nicht auf sämtliche der - im Wesentlichen streitigen - Beanstandungen durch den Richter in seiner Stellungnahme vom 3.8.2005 einzugehen, insb. soweit diese die fachliche Eignung des Antrags...

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