Tenor

Rückforderungsansprüche des Mieters wegen überzahlter Heizkosten bei fortbestehendem Mietverhältnis verjähren nach Ablauf von 4 Jahren.

 

Tatbestand

I.

Das Landgericht hat dem Senat durch Vorlagebeschluß vom 20. Oktober 1987 folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

„Verjähren Rückforderungsansprüche des Mieters wegen überzahlter Heizkosten bei fortbestehendem Mietverhältnis nach Ablauf von 30 Jahren oder von 4 Jahren?”

Dem Vorlagebeschluß liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

In dem Haus der Beklagten, in welchem der Kläger im Herbst 1973 eine Wohnung gemietet hat, befindet sich eine beheizte Tiefgarage mit 5 Stellplätzen. Seit dem 1. März 1982 ist der Kläger auch Mieter eines Garagenstellplatzes. Für die Wohnungen im Hause sind Nettokaltmieten vereinbart; über die Heizkosten wird jährlich abgerechnet. Für die Garagenstellplätze gelten Brutto-Inclusiv-Mieten.

Die Parteien streiten über die Höhe der Heizkosten für die Abrechnungsperioden von 1974/75 bis 1982/83. Der Kläger meint, der Anteil der 4 Heizkörper in der Tiefgarage an den gesamten Heizkosten sei von der Beklagten zum Nachteil der Wohnungsmieter nicht ausreichend berücksichtigt worden. Mit seiner Klage verlangt er einen Teil der von ihm gezahlten Heizkosten zurück.

Die Beklagte hat die Verjährungseinrede erhoben mit der Begründung, für den Rückforderungsanspruch des Klägers gelte auch die 4-jährige Verjährungsfrist. Im übrigen hält sie den Klaganspruch für verwirkt und bestreitet ferner den Umfang der Garagenheizung.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte verhalte sich treuwidrig, wenn sie die Einrede der Verjährung erhebe. Sie habe sich unter Einsatz ihrer Autorität als Anstalt öffentlichen Recht Gelder zur Verbesserung ihrer Rendite verschafft.

Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme über den Umfang der Beheizung und Lüftung der Garage der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Es hat die Verurteilung der Beklagten aus positiver Forderungsverletzung hergeleitet und u. a. ausgeführt, die Verjährungsfrist derartiger Ansprüche betrage 30 Jahre; eine Verwirkung komme wegen des fehlenden Umstandsmoments nicht in Betracht.

Gegen das amtsgerichtliche Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Zur Begründung seines Vorlagebeschlusses führt das Landgericht aus:

Die zu klärende Rechtsfrage sei entscheidungserheblich. Die Kammer neige dazu, die Rückerstattungsansprüche des Klägers dem Grunde nach und jedenfalls zum wesentlichen Teil auch der Höhe nach zu bejahen. Gelte die kürzere Verjährungsfrist von 4 Jahren, so könne der Kläger Ansprüche aus den Abrechnungsperioden 1974/75 bis 1979/80 nicht mehr geltend machen. Diesen Ansprüchen stehe nicht schon der Einwand der Verwirkung entgegen, denn der Kläger habe keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, kraft dessen die Beklagte davon habe ausgehen dürfen und ausgegangen sei nicht mehr beansprucht zu werden. Die Kammer vermöge auch nicht von einem schuldbestätigenden Vertrag auszugehen.

Die Kammer neige dazu, die Regelung des § 197 Abs. 1 BGB entsprechend auf Rückforderungsansprüche des Mieters wegen überzahlte Nebenkosten – hier: Heizkosten – anzuwenden. Hierfür spreche vor allem die Befriedigungsfunktion, die dem Institut der Verjährung zukomme. Sie müsse auch dann zum Tragen kommen, wenn es dem Gläubiger nicht zum Vorwurf gereiche, mit seinen Ansprüchen erst nach geraumer Zeit hervorgetreten zu sein. Dabei lege die Kammer zugrunde, daß derartige Ansprüche bereits mit der rechtsgrundlosen Leistung entstünden und fällig seien. In rechtsdogmatischer Hinsicht sei an die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10. Juli 1986 (III ZR 133/85) über die Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung geleisteter Zinsen bei nichtigem Ratenkredit anzuknüpfen: Der Anspruch sei von vornherein und seiner Natur nach auf Zahlungen gerichtet, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen seien. Der Rückforderungsanspruch des Klägers lasse sich nur unter Berücksichtigung seiner laufend entrichteten Vorauszahlungen ermitteln. Da der Anspruch des Vermieters sowohl auf die Vorauszahlungen als auch auf den Abrechnungssaldo zum Mietzins im Sinne von § 197 BGB zähle, könne der Rückforderungsanspruch des Mieters bezüglich solcher Leistungen, die er nach seiner eigenen Vorstellung „regelmäßig” im Sinne der genannten Vorschrift zu erbringen habe, nicht anders gewertet werden. Bei Raummietverhältnissen, die auf längere Dauer angelegt seien, rechtfertige der tragende Partnerschaftsgedanke eine derartige Reduktion des § 195 BGB. Sie entspreche im Regelfall einer gerechten Risikoverteilung. Nicht Gegenstand der Vorlage sei, ob es sich anders verhalten könne, wenn der Schuldner bei der Erstellung der Abrechnung arglistig gehandelt habe und die Einrede der Verjährung mißbräuchlich erscheine.

Die Parteien haben Gelegenheit erhalten, zu der Vorlagefrage Stellung zu nehmen; sie haben hiervon Gebrauch gemacht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig.

Sie hat eine...

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