Verfahrensgang

AG Hamburg-Bergedorf (Aktenzeichen 415b F 99/17)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Pflegemutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf - Familiengericht - vom 03.04.2018, Az. 415b F 99/17, wird zurückgewiesen.

2. Von einer Erhebung der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

3. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt im Beschwerdeverfahren den Erlass einer Verbleibensanordnung.

Die Antragstellerin ist die langjährige Pflegemutter des betroffenen Kindes (A. B...), geboren am 12.06.2009. Die Antragsgegnerin ist die allein sorgeberechtigte Kindesmutter. Die Kindesmutter möchte, dass (A.) vom Haushalt der Pflegemutter in eine familienanaloge Wohngruppe der (XXX...) in (...) wechselt.

Die Kindesmutter war in ihrer Jugend selbst Pflegekind bei der Antragstellerin. Nach der Geburt von (A.) lebte die damals 17-jährige Kindesmutter zunächst mit ihm bei der Antragstellerin. Als (A.) ein Jahr und acht Monate alt war, zog die Kindesmutter aus und gab (A.) bei der Antragstellerin in Pflege. Im Februar 2011 wurde sodann für (A.) eine Hilfe nach § 33 Sozialgesetzbuch VIII bewilligt.

Die Kindesmutter brachte im Dezember 2015 und im Jahr 2017 zwei Halbschwestern von (A.) auf die Welt, die bei der Kindesmutter leben. Der Kindesvater wurde im September 2017 Vater eines Halbbruders von (A.).

(A.) hatte und hat, wenn auch mit Unterbrechungen, durchgängig Umgang mit der Kindesmutter und dem Kindesvater. Der Kindesvater besucht (A.) einmal wöchentlich bei der Antragstellerin. Seit August 2017 findet der Umgang mit der Kindesmutter einmal monatlich für zwei Stunden dem Wunsch der Kindesmutter entsprechend in begleiteter Form statt. Bereits in der Vergangenheit kam es insbesondere wegen des Umgangs immer wieder zu Konflikten zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin.

Im Haushalt der Antragstellerin lebt ein weiteres Vollzeitpflegekind, (R. S...), geboren am 23.06.2006. Auch ihre Mutter war ebenso wie die Antragsgegnerin selbst Pflegekind der Antragstellerin. (R.) soll nach dem Willen des Jugendamtes und der Kindesmutter ebenfalls aus der Pflegefamilie herausgenommen werden. Der Verbleib des Pflegekindes in der Pflegefamilie bzw. die Rückführung in den Haushalt der Kindesmutter ist Gegenstand des Verfahrens vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf - Familiengericht - zum Aktenzeichen 415c F 89/17.

(A.) weist einen erhöhten Betreuungsbedarf auf. Er ist in seiner emotionalen Entwicklung auffällig, leidet an Durchschlafstörungen, Impulsdurchbrüchen, zeigt einen stark ausgeprägten Nachtschreck und schlafwandelt. Er befand sich in therapeutischer Behandlung, die zurzeit unterbrochen ist, weil seine Therapeutin nicht mehr tätig ist. 2013 diagnostizierte der Jugendpsychologische / Jugendpsychiatrische Dienst (JPPD) eine Entwicklungsstörung vor allem im Bereich der Sprache, eine emotionale Störung des Kindesalters bei fehlenden sozialen Bindungen, eine emotionale Störung des Kindesalters mit sozialer Überempfindlichkeit und erklärte, dass (A.) von Behinderung bedroht sei. 2014 stellte der JPPD fest, dass (A.) weiterhin von Behinderung bedroht sei und diagnostizierte eine Entwicklungsstörung vor allem im Bereich der Sprache. Eine in 2015 angedachte Diagnostik über die Timmendorfer-Kinder-Diagnostik (TiKiDi) der (QQQ..........) e. V. fand nicht statt, da von dort aufgrund der zur Verfügung gestellten Berichte eingeschätzt wurde, dass die für (A.) erforderliche Betreuung im Rahmen der Maßnahme nicht gewährleistet werden könne. Im Frühjahr 2016 wurde (A.) im (XX..........)-Institut vorgestellt und an eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutische Praxis angebunden. Es wurde eine Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung diagnostiziert. (A.) musste immer wieder vor Schulschluss aus der Schule abgeholt werden. 2017 kam es zu einer Polizeimeldung aufgrund eines Ausrasters von (A.), der einen Rettungswageneinsatz erforderlich machte. Aufgrund häufiger gewordener Gewaltvorfälle mit (A.) stellte die installierte Schulbegleitung im Frühjahr 2018 eine Überlastungsanzeige und kündigte die Zusammenarbeit zum 01.03.2018 auf. Am 18.01.2018 gab es einen Polizeieinsatz, weil (A.) während des Musikunterrichts randalierte. Seit Ende März 2018 nahm (A.) aggressives Verhalten in der Schule zu. Am 17.05.2018 schlug, trat und würgte (A.) einen Mitschüler. (A.) wurde daraufhin zum Schutz der anderen Kinder vorübergehend zunächst für 10 Tage von der Schule suspendiert. Die Beurlaubung wurde sodann bis zum Gerichtstermin am 11.06.2018 verlängert. Als Grund für die Verlängerung der Suspendierung wurde angegeben, dass die psychische Belastung (A.)s durch die noch nicht abgeschlossene Klärung seines Lebensmittelpunkts so hoch sei, dass sein Verhalten zurzeit unberechenbar sei. Die ständige notwendige Aufsicht (A.) sei in der Schule nicht leistbar. ...

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