Leitsatz (amtlich)

1. § 32b ZPO erfasst Klagen gegen den Anlagevermittler, die nicht auf Prospekthaftung, sondern die Verletzung von Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag gestützt werden, nicht.

2. Eine entscheidungserhebliche Divergenz i.S.d. § 36 Abs. 3 ZPO liegt nicht vor, wenn die in der rechtlichen Begründung divergenten Bestimmungsentscheidungen im Ergebnis auf die Zuständigkeit desselben Gerichts hinauslaufen, mag auch in dem einen Fall der Bestimmungsantrag zurückgewiesen, im anderen Fall eine Bestimmung ausgesprochen worden sein.

 

Tenor

Das LG München I wird als das örtlich zuständige Gericht bestimmt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner zu 1) bis 4) vor dem LG Hamburg gesamtschuldnerisch auf Ersatz des Schadens, auf Freihaltung von dem Schaden bzw. auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihm durch die Zeichnung einer Kapitalanlagebeteiligung an der Film & Entertainment VIP Medienfonds 3 GmbH & Co KG., München, (nachfolgend abgekürzt als VIP 3 GmbH) bzw. der Film & Entertainment VIP Medienfonds 4 GmbH & Co KG., München, (nachfolgend abgekürzt als VIP 4 GmbH) entstanden sei. Gegen die Antragsgegnerin zu 4) verfolgt der Antragsteller zudem einen negativen Feststellungsantrag hinsichtlich etwaiger Forderungen aus der Finanzierung der Beteiligung an VIP 4 GmbH.

Der Antragsgegner zu 1) ist Geschäftsführer der Komplementärin der VIP 3 GmbH und VIP 4 GmbH sowie Vorstand der VIP Beratung für Banken AG, München, welche u.a. mit dem Vertrieb der Fonds als Kapitalanlage im Verhältnis zu Banken befasst war. Die Antragsgegnerin zu 2) hat dem Antragsteller durch Mitarbeiter ihrer Hamburger Zweigniederlassung im Rahmen der Anlageberatung die Beteiligungen vermittelt. Die Antragsgegnerin zu 3) hat es übernommen, die Zahlungsansprüche der VIP 3 GmbH gegen ihre mit der Verwertung der produzierten Filme befassten Lizenznehmer durch Schuldübernahme sicherzustellen. Die Antragsgegnerin zu 4) ist bezüglich VIP 4 GmbH nicht nur - in entsprechender Weise - Schuldübernehmer, sondern hat auch die von dem Antragsteller im Zuge der Beteiligung an VIP 4 GmbH abzuschließende 45,5 %-ige Anteilsfinanzierung übernommen.

Der Antragsteller stützt seine Schadensersatzforderung gegen die Antragsgegner zu 1), 3) und 4) auf die Grundsätze der Prospekthaftung. Der Antragsgegner zu 1) sei einer der maßgeblichen Initiatoren und Hintermänner der Fonds, weil er die Konzeption der Fonds mitentwickelt und mit den Vertriebspartnern abgestimmt habe. Die Antragsgegner zu 3) und 4) hafteten als Mitinitiatoren der Fonds, weil sie auf die Gestaltung des Prospekts eingewirkt hätten. Die für den Vertrieb der Fonds herausgegebenen Prospekte seien fehlerhaft, weil sie maßgebliche Merkmale der Anlage falsch oder unvollständig darstellten. Die Antragsgegner zu 1), 3) und 4) hafteten darüber hinaus gem. §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB, weil ihr Verhalten den Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs erfülle. Die Antragsgegnerin zu 4) hafte darüber hinaus wegen Überschreitung ihrer Kreditgeberrolle.

Die Haftung der Antragsgegnerin zu 2) sieht der Antragsteller in einer Verletzung des mit ihm abgeschlossenen Anlageberatungsvertrags begründet. Die Antragsgegnerin zu 2) habe ihn, den Antragsteller, weder anleger- noch objektgerecht beraten, weil ihre Mitarbeiter die fehlerhaften Prospektangaben in die Beratung einbezogen hätten.

II. Der Bestimmungsantrag ist zulässig (1.). Als zuständiges Gericht ist das LG München I zu bestimmen (2.). Eine Vorlagepflicht nach § 36 Abs. 3 ZPO besteht nicht (3.).

1. Das Hanseatische OLG ist für die Entscheidung über den auf Zuständigkeitsbestimmung gerichteten Antrag gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nach Abs. 2 dieser Vorschrift als dem LG Hamburg übergeordnetes Gericht zuständig.

Dass keiner der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand im Zuständigkeitsbereich des vom Antragsteller angerufenen LG Hamburg hat - vielmehr befindet sich der allgemeine Gerichtsstand der Antragsgegner zu 1) und 4) bei dem LG München I, der der Antragsgegner zu 2) und 3) bei dem LG Frankfurt/M. -, steht der Zuständigkeitsbestimmung durch das Hanseatische OLG nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen.

Zwar ist nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Voraussetzung des Bestimmungsverfahrens, dass Beklagte "als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen".

Eine zuständigkeitsregelnde Wirkung wohnt dieser Formulierung jedoch nur für den Fall der noch nicht erhobenen Klage inne, weil in diesem Fall nur ein solches Gericht zur Bestimmung berufen ist, in dessen Bezirk ein Streitgenosse seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (OLG Hamburg, Beschl. v. 30.3.2006 - 13 AR 1/06, OLGReport Hamburg 2006, 567). Ist hingegen Klage bereits erhoben - anerkanntermaßen findet das Bestimmungsverfahren über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch nach Klageerhebung Anwendung (st. Rspr., s. nur BGH NJW 1978, 321; BayObLGZ 1993, 171) -, so hat in Verfolgung des der Vorschrift zugrunde liegenden Gedankens der Pr...

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