Normenkette

OWiG § 72 Abs. 1 S. 1, § 79 Abs. 1 S. 1, Abs. 6

 

Verfahrensgang

AG Hamburg (Entscheidung vom 17.07.2018; Aktenzeichen 245 OWi 150/18)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 17. Juli 2018 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Hamburg, Abteilung 245, zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen ist zulässig und auch begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg, die auf Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Hamburg zu neuer Verhandlung und Entscheidung angetragen hat, hat zur Begründung ihres Antrages ausgeführt:

1. Der Betroffene wurde durch Bußgeldbescheid der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Inneres und Sport, vom 21.03.2018 (Aktenzeichen: 9750.72.311694.5) wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 50 km/h mit einer Geldbuße von 200,- € belegt, zudem wurde ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet. Mit Schreiben vom 23.03.2018 legte der Betroffene über seinen Verteidiger Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein, wobei er "einer eventuellen Entscheidung des Gerichts im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG" "schon jetzt ausdrücklich" widersprach. Nachdem das Amtsgericht Hamburg daraufhin Termin zur Hauptverhandlung anberaumt hatte, erklärte der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 22.06.2018 sein "Einverständnis mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren, wenn das im Bußgeldbescheid vom 21. 3.2018 angeordnete Fahrverbot gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße (nach vorheriger Verständigung mit der Verteidigung) aufgehoben wird". Die Staatsanwaltschaft Hamburg (Aktenzeichen: 2210 JS-OWi 545/18) hatte bereits mit Verfügung vom 12.06.2018 erklärt, dass sie einer Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss nicht widerspreche. Daraufhin setzte das Amtsgericht Hamburg den Hauptverhandlungstermin wieder ab und informierte das Büro des Verteidigers am 17.07.2018, das die Geldbuße auf 1.000,- € erhöht werde.

Durch Beschluss ebenfalls vom 17.07.2018 änderte das Amtsgericht Hamburg (Aktenzeichen: 245 OWi 150/18) den Bußgeldbescheid vom 21.03.2018 dahingehend ab, dass die verhängte Geldbuße nun 1.000,- € betrug. Im Gegenzug wurde auf die Verhängung eines Fahrverbots verzichtet. Der Beschluss wurde dem Verteidiger des Betroffenen am 19.07.2018 zugestellt.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 17.07.2018 hat der Verteidiger des Betroffenen mit Schriftsatz vom 20.07.2018, eingegangen beim Amtsgericht Hamburg am selben Tag, Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt, dass das Amtsgericht im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG entschieden habe, obwohl einer solchen Verfahrensweise rechtzeitig widersprochen worden sei, und beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 17.07.2018 aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

2. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

a) Das Rechtsmittel ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz1 Nr. 5 OWiG statthaft, da der Betroffene geltend macht, es sei durch Beschluss nach § 72 OWiG entschieden worden, obwohl er diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen habe.

b) Die Rechtsbeschwerde wurde auch form- und fristgerecht gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 StPO eingelegt.

c) Die Rechtsbeschwerde ist auch form- und fristgerecht gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. §§ 344, 345 StPO begründet worden. Insbesondere ist die erhobene Verfahrensrüge durch die den behaupteten Verfahrensmangel enthaltenden Tatsachen hinreichend ausgeführt. Danach hatte der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20.02.2018 einer eventuellen Entscheidung des Gerichts im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG ausdrücklich widersprochen. In einem weiteren Schriftsatz seines Verteidigers vom 22.06.2018 hatte der Betroffene sodann sein Einverständnis mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren erklärt, wenn das dem Bußgeldbescheid vom 21.03.2018 angeordnete Fahrverbot gegen angemessene Erhöhung der Geldbuße (nach vorheriger Verständigung mit der Verteidigung) aufgehoben werde. Das Amtsgericht Hamburg entschied sodann am 17.07.2018 im Beschlusswege. In dem Beschluss wird angegeben, der Betroffene und die Staatsanwaltschaft hätten eine Entscheidung im Beschlusswege im Sinne des § 72 OWiG nicht widersprochen. Sowohl die Schriftsätze des Verteidigers vom 20.02.2018 und vom 22.06. 2018 als auch der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 17.07.2018 werden in der Rechtsbeschwerdebegründung in vollständigem Wortlaut mitgeteilt.

3. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der behauptete Verfahrensmangel liegt vor. Das Amtsgericht Hamburg durfte nicht im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG entscheiden.

a) Dem ausdrücklichen Widerspruch gegen das Beschlussverfahren nach § 72 Abs. 1 Satz 1 OWiG steht der Fall gleich, dass ...

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