Leitsatz (amtlich)

1. Die in einem Gewaltschutzverfahren getroffene vergleichsweise Regelung, sich nicht zu bedrohen, zu verletzen oder sich sonst körperlich zu misshandeln ist hinreichend konkret und damit der Zwangsvollstreckung zugänglich.

2. Die Regelung sich zukünftig respektvoll zu verhalten, sich aus dem Weg zu gehen und bei etwaigen zu klärenden Sachverhalten einen Rechtsanwalt einzuschalten ist demgegenüber nicht hinreichend bestimmt und damit der Zwangsvollstreckung nicht zugänglich.

3. Die Zwangsvollstreckung aus einem Vergleich in Gewaltschutzsachen erfordert zwar nicht die gerichtliche Bestätigung des Vergleichs gem. § 214a FamFG, wohl aber dessen Zustellung an den Vollstreckungsschuldner gem. § 87 Abs. 2 FamFG analog.

4. Die Zustellung des Vergleichs erfolgt dabei nicht von Amts wegen sondern im Parteibetrieb, eine gleichwohl erfolgte Zustellung von Amts wegen genügt aber.

 

Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzgl. der Beschwerdefrist gewährt.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die vom Familiengericht abgelehnte Festsetzung eines Ordnungsgeldes.

Der Beschwerdeführer beantragte beim Familiengericht Hamburg-Wandsbek den Erlass von Maßnahmen nach § 1 GewSchG gegenüber dem Antragsgegner. Hintergrund ist ein Nachbarschaftsstreit. In der Anhörung vom 21.6.2018 vor dem Familiengericht schlossen die Beteiligten folgende vorgespielte und genehmigte "Vereinbarung":

"1. Unter Aufhebung der einstweiligen Anordnung vom 29.5.2018 verpflichten sich die Beteiligten wechselseitig, sich zukünftig respektvoll gegenüber dem jeweils anderen zu verhalten, sich nicht zu bedrohen oder zu verletzen oder sich sonst körperlich zu misshandeln. Sie verpflichten sich, sich gegenseitig aus dem Weg zu gehen und bei etwaigen zu klärenden Sachverhalten dies über einen Rechtsanwalt zu klären.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet."

Der Vermerk mit der Vereinbarung wurde den Beteiligten formlos übersandt.

Der Antragsteller beantragte am 22.6.2018 gegen den Antragsgegner ein Ordnungsgeld festzusetzen, weil dieser den Antragsteller bereits unmittelbar nach dem Termin beleidigt habe. Das Familiengericht bestätigte daraufhin mit Beschluss vom 17.7.2018 den Vergleich, sprach eine Androhung nach § 890 Abs. 2 ZPO aus und erteilte einen Hinweis auf die Strafbarkeit nach § 4 GewSchG. Dieser Beschluss ist den Beteiligten zugestellt worden.

Am 16.11.2018 beantragte der Antragsteller erneut die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Antragsgegner. Dieser habe, ihn vor einigen Tagen zugeparkt, sein Fahrzeug zerkratzt, ihm Briefe geschrieben, ihn mit vulgär mit sexuell bezogenen Wörtern beschimpft und Müll im Garten des Hauses des Antragstellers und an dessen Fenstern hinterlassen.

Der Antragsgegner erwidert, nicht er sondern der Antragsteller würde ihn beleidigen und belästigen. Er entsorge seinen Müll ordnungsgemäß. Wenn Müll herumliege, dann von anderen Betrieben aus der Nachbarschaft.

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 18.12.2018 die Festsetzung eines Ordnungsgeldes abgelehnt, weil die vom Antragsteller behaupteten Handlungen des Antragsgegners nicht gegen den Vergleich verstoßen würden. Der Beschluss ist dem Beschwerdeführer am 31.12.2018 zugesellt worden und enthielt als Rechtsmittelbelehrung den Hinweis darauf, dass gegen den Beschluss binnen einen Monats Beschwerde eingelegt werden könne. Am 31.1.2019 legte der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Beschluss beim Familiengericht ein, der das Familiengericht mit Beschluss vom selben Tage nicht abhalf und die Akte dem Beschwerdegericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorlegte.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1.) Dem Beschwerdeführer war zunächst Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Beschwerdefrist zu bewilligen. Zwar ist die zweiwöchige Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss vom 18.12.2018 bereits abgelaufen, weil der Beschluss dem Beschwerdeführer am 31.12.2018 zugestellt wurde und die Beschwerde erst am 31.12.2019 bei Gericht einging. In der Beschwerdeerhebung ist aber zugleich ein konkludenter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu sehen, die auch zu bewilligen ist. Da dem Beschluss eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, ist gem. § 17 Abs. 2 FamFG von einer unverschuldeten Fristversäumung auszugehen. Die in der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung genannte Frist von einem Monat hat der Beschwerdeführer eingehalten.

2.) In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg.

Es fehlt schon an den allgemeinen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung nach den §§ 86 ff. FamFG. Der Beginn der Zwangsvollstreckung setzt das Bestehen eines die Zwangsvollstreckung ermöglichenden Titels, einer Zwangsvollstreckungsklausel auf diesem Titel und die Zustellung des Titels an den Zwangsvollstr...

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