Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 19.09.2001; Aktenzeichen 318 T 79/01)

 

Tenor

Der Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 18, vom 19.9.2001 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der dritten Instanz wird auf 92.543,83 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. den §§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde führt aufgrund eines Verfahrensfehlers zur Aufhebung und Zurückverweisung, weil das LG nicht alle Eigentümer der Wohnungseigentums anlage am Verfahren beteiligt hat.

Die Antragsteller, Eigentümer von sechs Erdgeschosswohnungen der aus vierzig Einheiten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft, haben den Antragsgegner, der Eigentümer des Teileigentums Nr. 35 und als solcher nach der Teilungserklärung zur Bebauung des Innenhofes mit einer Tiefgarage berechtigt ist, auf Beseitigung der von diesem errichteten Tiefgarage in Anspruch genommen, weil der konkrete Bau nach Auffassung der Antragsteller mit den Vorgaben der Teilungserklärung nicht übereinstimmt. Damit liegt eine Streitigkeit zwischen Wohnungseigentümern aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer untereinander i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG vor. Gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sind an diesem Verfahren alle anderen Wohnungseigentümer materiell beteiligt. Das LG hätte sie von Amts wegen auch formell am Verfahren beteiligen müssen, ihnen insb. über die Verwalterin als Zustellungsvertreterin die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 11.4.2001, die Beschwerdebegründung vom 29.5.2001, die Ladung zum Termin am 18.7.2001 und die Entscheidung im Beschwerdeverfahren vom 19.9.2001 bekanntmachen müssen, was nicht geschehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass die übrigen Eigentümer erstinstanzlich auf das Ver fahren keinen Einfluss genommen haben, obwohl sie auf Veranlassung des AG über die Verwalterin Kenntnis von der Antragsschrift, der Ladung und von dem den Antrag abweisenden Beschluss des AG vom 28.3.2001 erhalten haben. Insbesondere lässt die erstinstanzliche Untätigkeit keinen Rückschluss darauf zu, dass sie in Kenntnis der sofortigen Beschwerde auf eine Teilnahme am Beschwerdeverfahren durch Einreichung von Schriftsätzen etc. ebenfalls verzichtet hätten. Die Notwendigkeit der Beteiligung der Wohnungseigentümer am gesamten Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung ergibt sich auch aus § 45 Abs. 2 S. 2 WEG, wonach die Entscheidung, die hier über die Beseitigung der Tiefgarage zu treffen ist, für und gegen alle Wohnungseigentümer wirkt. Einer der Fälle, in denen die Beteiligung aller Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 43 Rz 123, m.w.N.), liegt nicht vor. Der Streit um die Überschreitung des nach der Teilungserklärung dem Teileigentümer Nr. 35 eingeräumten Bebauungsrechts auf dem zum gemeinschaftlichen Eigentum zählenden Innenhof durch den von dem Antragsgegner errichteten nunmehr vorhandenen Baukörper berührt die Rechte aller Eigentümer, die darüber hinaus zusätzlich durch die konkreten Auswirkungen auf die Substanz und Benutzung des gemein schaftlichen Eigentums und ihres Sondereigentums im Falle einer aufgrund der Entscheidung durchzuführenden Beseitigung der Tiefgarage mit den sich daran anschließenden tatsächlichen Folgen wie z.B. Beeinträchtigungen durch Lärm- und Staub in ihren Rechten tangiert werden.

Der Rechtsfehler des LG führt nach § 27 S. 2 FGG i.V.m. den §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO a.F. bzw. 546, 547 Nr. 4 ZPO n.F. grundsätzlich zur Aufhebung und Zurückverweisung (BayObLG v. 13.10.1988 – BReg. 2 Z 165/87, WuM 1989, 36 [37]; v. 20.6.1990 – BReg. 2 Z 60/90, MDR 1990, 1018 = WuM 1990, 406 [407]; NZM 1999, 286; Keidel/Kuntze/Winkler-Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 38), weshalb die übrigen Eigentümer im Hinblick auf die anstehende Neuverhandlung vor dem LG auch am Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligt werden mussten (v. 20.6.1990 – BReg. 2 Z 60/90, MDR 1990, 1018 = WuM 1990, 406).

Die nicht beteiligten Wohnungseigentümer haben das Verfahren weder ausdrücklich noch stillschweigend genehmigt. Aus den erstinstanzlichen Schriftsätzen der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten ergibt sich als unstreitig, dass eine Eigentümerversammlung vom 29.11.2000 sich mit der Möglichkeit eines Vergleichs wegen des Streits um die Beseitigung der fraglichen Tiefgarage beschäftigt, jedoch zur Sache letztlich keinen Beschluss gefasst hat. Ob in der Folgezeit auf weiteren Eigentümerversammlungen das Thema behandelt und Beschlüsse hierzu gefasst und insb. ob die Wohnungseigentümer überhaupt über den Fortgang des Verfahrens unterrichtet worden sind, ist nicht vorgetragen. Die unterbliebene Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer am Beschwerdeverfahren kann auch nicht im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden (BayObLG v. 13.10.1988 – BReg. 2 Z 165/87, WuM 1989, 36 [37]; NZM 1999, 286; Bärmann/Pick/M...

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