Entscheidungsstichwort (Thema)

Haustürgeschäft; Haustürwiderruf; EuGH; Kausalität; Überrumpelung; Schadensersatz; Darlehensvertrag; Kredit; Eigentumswohnung; Aufklärungspflicht; Warnpflicht; Bank; Bankenhaftung; Zusammenwirken; Täuschung; Wissensvorsprung; Anleger

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts nach HWiG hinsichtlich eines zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung eingegangenen Darlehensvertrages können nur solche Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist (im Einklang mit BGH vom 16.5.2006 - XI ZR 6/04).

2. Das Fortwirken einer Überrumpelungssituation i.S.v. § 1 HwiG kann nicht angenommen werden, wenn zwischen dem Besuch in der Privatwohnung und der Vertragserklärung ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten liegt.

3. Soweit der BGH mit Urteil vom 16.5.2006, XI ZR 6/04 seine Rechtsprechung zum Bestehen eigener Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank dahin ergänzt hat, dass Anleger sich im Falle eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank berufen können, setzt dies eine arglistige Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben über das Anlageobjekt voraus.

 

Normenkette

pVV; c.i.c.; HwiG § 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.03.2005; Aktenzeichen 2-7 O 225/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.3.2005 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Darlehensvertrags, den er zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung abgeschlossen hat.

Am 25.5.1999 unterschrieb der Kläger einen von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorbereiteten Darlehensantrag über 200.000 zu einem effektiven Jahreszins von 5,46 % (Bl. 214). Das Darlehen sollte der Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung in O1 als Kapitalanlage dienen und durch eine Grundschuld abgesichert werden. Eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz enthielt der Antrag nicht. Das Angebot zum Erwerb der Wohnung gab der Kläger am 4.6.1999 ab (Bl. 372), es wurde von der Verkäuferin am 9.6.1999 angenommen (Bl. 393). Ebenfalls unter dem 9.6.1999 sagte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger die Darlehensgewährung zu (Bl. 398).

In der Folgezeit leistete der Kläger die vereinbarten Darlehensraten i.H.v. insgesamt 26.898,10 EUR, musste Hausgeld zahlen und hatte Mieteinnahmen.

Mit Schreiben vom 5.12.2003 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Mit der vorliegenden Klage verlangt er Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten und des gezahlten Hausgelds abzgl. der eingenommenen Mieten sowie Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag.

Der Kläger hat behauptet, Kauf- und Darlehensvertrag beruhten auf Verhandlungen, die er mit einem Vertreter der Vermittlungsgesellschaft in der Wohnung seines Schwagers geführt habe (Beweis: Zeuge Z1). Das von ihm gezahlte Hausgeld belaufe sich auf 17.995 EUR, die vereinnahmten Mieten auf 20.000 EUR.

Mit Urteil vom 15.3.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihm am 21.3.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.4.2005 bei Gericht eingegangene und - nach Verlängerung der Frist bis zum 23.6.2005 - am 22.6.2005 begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger hat zunächst seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft und ist nach der Verkündung der beiden Urteile des EuGH vom 25.10.2005 nunmehr der Auffassung, ein Anspruch stehe ihm aus § 3 HTWG zu. Er hält an seinen erstinstanzlichen Anträgen fest.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben über die behauptete Haustürsituation durch Vernehmung des Zeugen Z1. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 26.4.2006 (Bl. 469 f.) Bezug genommen.

Die Berufung ist zulässig, insb. an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Der Kläger kann weder Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Leistungen noch "Freistellung von allen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag" verlangen.

Ein dahingehender Anspruch steht ihm aus § 3 HTWG nicht zu. Für diese Anspruchsgrundlage kann dahinstehen, ob der Darlehensvertrag auf Verhandlungen in einer Haustürsituation i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTWG beruht und ob der Ve...

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