Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem längeren Zeitraum zwischen der Haustürsitutation und der widerrufenen Willenserklärung des Verbrauchers (hier: rund 6 Monate) entfällt die Indizwirkung, dass die Willenserklärung kausal auf die Überrumpelung zurückgeht

2. § 9 VerbrKrG findet keine Anwendung auf Realkreditverträge.

3. Zur Ausfüllung des Merkmals "institutionalisiertes Zusammenwirken" der kreditgebenden Bank mit den Vermittlern der Kapitalanlage.

4. Zum prozessualen Antrag des Anlegers, auf Vorlage von Bankunterlagen durch die beklagte Bank, aus denen auf einen schadensersatzbegründenden Wissensvorsprung der Bank geschlossen werden soll.

 

Normenkette

pVV; c.i.c; BGB § 138; HwiG § 1; HWiG § 3; VerbrKrG § 9

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.03.2005; Aktenzeichen 2-20 O 316/04)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 24.3.2005 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Kläger begehren Rückzahlung von Leistungen, die sie auf ein Darlehen erbracht haben, mit dem sie den Erwerb einer Immobilie zu Steuersparzwecken finanzierten.

Im Frühjahr 1990 wurde den Klägern ein Kapitalanlagemodell, bestehend aus einem Hotelappartement in O1 und einer Finanzierung durch die Beklagte, angeboten. Am 30.4.1989 gaben die Kläger ein notarielles Angebot zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit umfassender unwiderruflicher Vollmacht ggü. der Treuhänderin A ... gesellschaft mbH ab (Anlage 2), das diese am 21.7.1989 (Anlage 3) annahm.

Die A erwarb am 11.9.1989 für die Kläger das Hotelappartement (Anlage 1) zum Preis von 134.683 DM. Am 11.10.1989 unterzeichneten die Kläger persönlich den Darlehensvertrag über 163.220 DM (Anlage K 4), eine Widerrufsbelehrung (Anlage K 8) und eine Zweckbestimmung zur Grundschuld. Eine Zwischenfinanzierung war zunächst mit 9,25 % zu verzinsen und - wie auch das endgültige Darlehen - durch eine Grundschuld gesichert.

Nachdem die Kläger zunächst ihre Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag erfüllten, widerriefen sie diesen nach dem Haustürwiderrufsgesetz am 28.3.2003 (Anlage 5) und verlangt mit der vorliegenden Klage Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Leistungen i.H.v. 105.871,67 EUR und Feststellung, dass weitere Ansprüche der Beklagten aus dem Darlehensvertrag nicht bestehen, hilfsweise Zug um Zug gegen Auflassung des Hotelappartements.

Mit Urteil vom 24.3.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Gegen dieses, ihnen am 14.4.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 12.5.2005 eingegangene und am 13.6.2005 begründete Berufung der Kläger. Beide Parteien wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und halten an den erstinstanzlichen Anträgen fest.

Die Beklagte verlangt hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Widerruf nach dem HTWG für wirksam erachtet, Zahlung des noch ausstehenden Darlehens und beantragt zusätzlich widerklagend, die Kläger zu verurteilen, an sie 93.657,94 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Die Kläger beantragen insoweit, die Widerklage abzuweisen.

Der Senat hatte unter dem 12.10.2005 zunächst eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 II ZPO angekündigt, hiervon aber nach Verkündung der Urteile des EuGH vom 25.10.2005 Abstand genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben über die Behauptung der Kläger, die Beklagte habe bei Abschluss des Darlehensvertrages den niedrigen tatsächlichen Wert des Appartements gekannt, durch Vernehmung des Zeugen Z. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.9.2006 Bezug genommen.

Die Berufung ist zulässig, insb. an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Die Kläger können weder Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Leistungen noch Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Beklagten aus dem Darlehensvertrag oder Rückübertragung der Lebensversicherung verlangen.

1. Ein dahin gehender Anspruch steht den Klägern aus Bereicherungsrecht (§ 812 I 1 BGB) nicht zu. Die von ihnen erbrachten Leistungen sind mit rechtlichem Grund erfolgt, da der Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Unterzeichnung des Darlehensantrags durch die Treuhänderin A die Kläger nicht verpflichtete, weil die dieser erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam war. Die Kläger haben sich durch die persönliche Unterzeichnung des Darlehensantrags am 22.9.1989 wirksam selbst verpflichtet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urtei...

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