Entscheidungsstichwort (Thema)

Unlautere Nachahmung von Rahmenmodulen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Frage nach dem Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist von der Verkehrsauffassung auszugehen. Ebenso bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, ob eine Gesamtheit von Erzeugnissen Schutz genießt, weil ihr als solche wettbewerbliche Eigenart zukommt.

2. Es ist Sache der Beklagten, zum wettbewerblichen Umfeld des in Rede stehenden Produkts vorzutragen und die Marktbedeutung von Produkten dazulegen, mit denen sie die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts in Frage stellen wollen.

3. Der Unionmarkenbestandteil "clever frame" für Bauelemente ist durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

 

Normenkette

UMV Art. 9; UWG §§ 3, 4 Nrn. 3a, 3b, § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.10.2020; Aktenzeichen 2-6 O 364/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.10.2022; Aktenzeichen I ZR 53/22)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7.10.2020 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festgesetzten Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer,

1. gegenüber der W sp. z.o.o. zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Bunderepublik Deutschland, zusammensetzbare modulare Rahmen-Systeme, die insbesondere von Ausstellern auf Messen zur Errichtung ihrer Messestände verwendet werden können, zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben, in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen oder diese Handlungen begehen zu lassen, wenn es sich um Produkte - wie in dem Schriftsatz der Klägerin vom 4.3.2020 auf den Seiten 3 bis 8 gezeigt - handelt;

2. zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr,

die Kennzeichnung "clever frame" als Handelsname oder Unternehmenskennzeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer Unternehmenskennzeichnung im Internet auf einer Webseite unter der Domain "www.(y).de" zu verwenden, wenn dies geschieht, wie folgt abgebildet:

((Abbildung))

sowie

die Domain "www.(x1).de" auf die Webseite unter der Domain "www.(y).de" umzuleiten oder umleiten zu lassen, soweit der Inhalt auf der Webseite unter der Domain "www.(y).de" der Anlage B6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.1.2020 entspricht.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, allen Schaden zu ersetzen, der der W sp. z.o.o. aus Handlungen gemäß Ziffer 1. und der Klägerin aus Handlungen gemäß Ziffer 2. entstanden ist und noch entstehen wird.

4. Die Beklagte wird verurteilt, der W sp. z.o.o. über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer 1. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar durch Vorlage eines geordneten und vollständigen Verzeichnisses, unter Angabe:

a) der Herkunft und des Vertriebswegs der rechtsverletzenden Erzeugnisse gemäß Ziffer 1.a., insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse, der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,

b) des Umsatzes und des erzielten Gewinns.

5. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer 2. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar durch Vorlage eines geordneten und vollständigen Verzeichnisses, unter Angabe der Zugriffe auf die Webseite mit den in Ziffer 2. genannten Inhalten.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.500 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.11.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Beklagte 3/5 und die Klägerin 2/5 zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000 EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin wegen der Kosten in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Nachahmung eines Produkts sowie über zeichenrechtliche Ansprüche.

Die Klägerin ist eine polnische Gesellschaft. Sie vertreibt als Großhandelsunternehmen seit mehreren Jahren über ein internationales Franchisesystem sog. "Clever Frame"-Module u.a. auch in Deutschland. Hierbei handelt es sich um ein aus Modulen zusammensetzbares Rahmensystem zur einfachen und schnellen Errichtung von Messeständen. Hinsichtlich der Verwendungsmöglichkeiten wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen. Die Klägerin präsentiert das System auch über verschiedene Webseiten, u.a. www.(x).de.

Die Fa. W sp. z.o.o. (nachfolgend W), vormal...

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