Leitsatz (amtlich)

Zum Vertragshändlerausgleich nach § 89b HGB und zu Schadensersatzansprüchen nach § 89a abs. 2 HGB nach Kündigung des Vertragshändlerverhältnisses.

 

Normenkette

HGB § 89a Abs. 2, § 89b

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 18 O 436/94)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.03.2006; Aktenzeichen VIII ZR 173/04)

 

Gründe

I. Der Kläger war Vertragshändler der Beklagten. Nach fristloser Kündigung des Vertragshändlerverhältnisses - zunächst seitens der Beklagten, dann seitens des Klägers - stellte das LG durch mittlerweile rechtskräftig gewordenes Zwischenurteil vom 21.2.1995 fest, dass die Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz entsprechend § 89a Abs. 2 HGB, daneben zum Vertragshändlerausgleich entsprechend § 89b HGB verpflichtet ist.

Diese Ansprüche hat der Kläger im Verfahren über den Betrag vor dem LG weiter verfolgt; daneben hat er u.a. Kosten der Lagerung von Ersatzteilen geltend gemacht.

Das LG hat die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 12.030,15 EUR verurteilt; den Ausgleichsanspruch hat es auf 37.646,30 EUR bemessen; Lagerkosten hat es nicht zugesprochen.

Zu den tatbestandlichen Grundlagen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger die angesprochenen Forderungen vollen Umfanges weiter.

Er trägt vor, das LG habe seinen Schadensersatzanspruch der Höhe nach zu gering veranschlagt. Es habe insb. die Zahl der voraussichtlichen Neuverkäufe unterschätzt und in unangemessenem Umfang Betriebskosten vom Rohertrag abgesetzt.

In der Berechnung des Ausgleichsanspruches habe es zu Unrecht einige Mehrfachkunden nicht berücksichtigt, den Verwaltungskostenanteil ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse beim Kläger zu hoch angesetzt, die "Sogwirkung" der Marke der Beklagten über-, seinen Beitrag zur Kundenwerbung hingegen unterschätzt.

Lagerkosten seien ihm auf der Grundlage fiktiver anderweiter Vermietung eines zur Einlagerung von Ersatzteilen der Beklagten verwendeten Gebäudes zu ersetzen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 18.6.2002 verkündeten Urteils des LG Darmstadt die Beklagte zu verurteilen,

1. an den Kläger 261.695,45 DM (133.802,76 EUR) nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit als Schadensersatz zu zahlen,

2. an den Kläger wegen der Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses einen Ausgleichsanspruch i.H.v. 216.603,59 DM (110.747,66 EUR) nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. an den Kläger weitere 7.840 (4.008,53 EUR) nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, in der Berechnung des Schadensersatzanspruches habe das LG keinen zu geringen, vielmehr einen überhöhten Ansatz zur voraussichtlichen Zahl an Neuverkäufen gefunden; der Kläger habe gegen Ende der vertraglichen Zusammenarbeit eine erhöhte Zahl von Wagen "abverkauft", und damit sei das äußere Bild seiner regelmäßigen Verkaufszahlen zu seinen Gunsten verändert worden. Das LG sei auch von einem überhöhten Rohertrag pro verkaufter Neuwageneinheit ausgegangen. Selbst wenn ihm nach der Einstellung des Neuwagenverkaufs ihrer Marke noch fortlaufend solche Betriebskosten entstanden sein sollten, die auf den Handel mit Neuwagen bezogen gewesen seien, habe es an ihm gelegen, den Kostenaufwand der nunmehr entstandenen Lage anzupassen.

Zum Ausgleichsanspruch habe das LG zutreffend nur solche Käufer als Mehrfachkunden angesehen, die sich innerhalb von fünf Jahren erneut zum Kauf eines Wagens der Marke der Beklagten entschlossen hatten. Es habe hingegen den beim Kläger verbleibenden Rabatt mit durchschnittlich 12 % zu hoch eingeschätzt. Verwaltungskosten seien der landgerichtlichen Beurteilung folgend auf 8,7 % anzusetzen; so entspreche es den in fachkundiger Beurteilung der betrieblichen Gegebenheiten anderer Händler ermittelten Sätzen. Die Sogwirkung der Marke der Beklagten sei mit mindestens 50 % anzusetzen.

Lagerkosten seien dem Kläger nicht entstanden.

Wegen des zweitinstanzlichen Sachvortrages der Parteien im Einzelnen wird auf die vor dem Senat gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zum Teil begründet. Der Kläger kann über die vom LG angesetzten Beträge hinaus weiteren Schadensersatz und Vertragshändlerausgleich zur Höhe von insgesamt 113.003,77 EUR beanspruchen. Lagerkosten hat die Beklagte ihm nicht zu ersetzen.

1. Der durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstandene, dem Kläger analog § 89a Abs. 2 HBG zu ersetzende Schaden entspricht dem dem Kläger entgangenen Gewinn, dem Gewinn, den er bei geordnetem Lauf der Dinge in der Zeit zwischen der unberechtigten Aufkündigung der vertraglichen Leistungen seitens der Beklagten und dem Zeitpunkt gemacht hätte, zu dem die Beklagte das Vertragsverhältnis frühestens - durch ordentliche Kündigung - hätte auslaufen lassen können.

Innerhalb dieses - mit der Einstellung der vertraglich geschuldeten Belieferung am 1.7.2003 beginnenden, mit dem nächstfolgenden Auslaufen der ordentlichen Kündigungsfrist...

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