Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erledigung der Hauptsache nach Teilzahlung der Kaskoversicherung im Haftungsprozess; Anscheinsbeweis bei Fahrsteifenwechsel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Teilzahlung des Kaskoversicherers während des Haftungsprozesses führt angesichts der Wirkung des § 86 VVG nicht zu einer Erledigung der Hauptsache, sondern ist gem. § 265 III ZPO zu behandeln.

2. Das Gericht ist dennoch an übereinstimmende Erledigungserklärungen gebunden.

3. Zum Beweis des ersten Anscheins für Verletzung der absoluten Sorgfaltspflicht des § 7 Abs. 5 StVO bei Unfall in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel.

 

Normenkette

StVO § 7 Abs. 5; ZPO §§ 91a, 265 Abs. 3; VVG § 86

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 28.06.2013; Aktenzeichen 27 O 316/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Darmstadt vom 28.6.2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt.

Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 11.783,13 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Von der Wiedergabe des Sachverhalts wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung unzweifelhaft nicht zulässig ist.

II. Die Berufung ist unbegründet.

Das LG hat durch das angefochtene Urteil zutreffend festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom ... 09.2012 auf der B. von O1 in Richtung O2 hat. Das LG hat eine Beweisaufnahme durchgeführt und ist anschließend dazu gekommen, dass es von der Unfalldarstellung der Beklagten überzeugt ist. Das LG hat ausgeführt, dass der Ehemann der Klägerin auf die linke Spur gefahren sei, um einen vor ihm fahrenden Lkw zu überholen, so dass der Beklagte zu 2), der bereits seit längerer Zeit mit angemessener Geschwindigkeit schon auf der linken Fahrspur gefahren sei, den Unfall durch sofortige Bremsung nicht mehr habe verhindern können. Das LG hat sich dabei insbesondere auf die Aussage der Zeugin Z1 gestützt. Das LG hat weiter ausgeführt, dass die Überzeugung aufgrund der Aussage der Zeugin Z1, die mit der Schilderung des Beklagten zu 2) übereinstimme, auch nicht durch die Aussage des Zeugen Z2 erschüttert werde. Dieser habe zwar angegeben, dass der Beklagte zu 2) noch ca. 100 Meter hinter ihm auf der rechten Fahrspur gewesen sei, als er auf die linke Fahrspur ausgeschert sei. Das Gericht habe nicht den Eindruck gehabt, dass der Zeuge bewusst die Unwahrheit gesagt habe. Dennoch könne vorliegend nicht ausgeschlossen sein, dass die Erinnerung des Zeugen getrübt und dieser angesichts des erheblichen wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits unbewusst die Unwahrheit gesagt habe.

Angesichts des Verstoßes des Zeugen Z2 gegen § 7 Abs. 5 StVG habe die Klägerin den Unfall insgesamt verursacht, weshalb die Klage abzuweisen war.

Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung Stand. Weitere Beweisaufnahmen sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht erforderlich.

Zunächst ist festzustellen, dass die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit i.H.v. 8.274,63 EUR in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Klägerin ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen hat, die entsprechend einen Betrag gezahlt hat. Der Senat ist an die Erledigungserklärungen der Parteien gebunden, da es sich um Bewirkungshandlungen handelt, deren Auslegung oder Korrektur durch den Senat nicht möglich ist. Der Senat ist deshalb an die Festlegung der Erledigung gebunden, obwohl tatsächlich kein Fall der Erledigung i.S.d. § 91a ZPO vorliegt. Durch die Zahlung der Vollkaskoversicherung ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht erfüllt worden, vielmehr hat die Vollkaskoversicherung aufgrund des Versicherungsvertrags geleistet. Im Rahmen des Quotenvorrechtes des Versicherungsnehmers geht der Anspruch, soweit er für die Klägerin nicht mehr benötigt wird, gem. § 86 VVG auf die Versicherung über. Der Anspruch ist mithin nicht untergegangen, sondern es liegt ein Fall des § 265 ZPO vor, der dazu führt, dass entweder in Form der Prozessstandschaft der Anspruch weiter durch die Klägerin geltend gemacht würde oder eine entsprechende Umstellung gem. § 265 Abs. 3 ZPO zu erfolgen hat (vgl. nur OLG Karlsruhe, 13.12.2013 - 1 U 51/13).

Im Ergebnis spielt die Frage der Erledigung allerdings keine Rolle, da gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits danach zu entscheiden ist, wer ohne das eintretende Ereignis in der Hauptsache obsiegt hätte oder unterlegen gewesen wäre. Keinesfalls führt die Erledigungserklärung, wie die Klägerin meint, dazu, dass die Beklagtenseite die Kosten zu tragen hätte.

Es kann vorliegend auch offen bleiben, ob die Beweisaufnahme durch das LG vollständig und die Beweiswürdigung ausreichend erfolgt ist. Das LG hat die angebotenen Zeugen vernommen und hat eine entsprechende Beweiswürdigung durchgeführt. Es ...

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