Normenkette

ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 16.01.2002; Aktenzeichen 1 O 154/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.09.2005; Aktenzeichen II ZR 372/03)

 

Tenor

Auf die Berufung wird das am 16.1.2002 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG in Limburg an der Lahn abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.529,94 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 5.5.2000 zu zahlen.

Die Widerklage wird verworfen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in gleicher Höhe erbringt.

Die Beschwer des Beklagten beträgt 22.529,94 Euro.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Auf die vollständige Darstellung des Tatbestandes in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Das Urteil des LG wurde der Klägerin am 18.1.2002 zugestellt.

Mit ihrer am 18.2.2002 eingelegten und am 18.3.2002 begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel weiter.

Der Generalbevollmächtigte der Klägerin, der Zeuge H., ist während der Dauer des Berufungsverfahrens verstorben.

Die Klägerin ist nach wie vor der Auffassung, dass sie nach deutschem Recht rechts- und parteifähig sei. Die Parteifähigkeit sei auch nach der sog. „Sitztheorie” gegeben, da sie ihren Verwaltungssitz in Liechtenstein habe. Dies ergebe sich aus einer Reihe von Details. Die Klägerin beruft sich dabei insb. auf folgende Umstände:

  • die Darlehensverhandlungen und die Entscheidung über Gewährung des streitgegenständlichen Darlehens seien in Liechtenstein getroffen worden (Bl. 451, 725 d.A.),
  • die Darlehenssumme wurde von Liechtenstein aus nach Deutschland überwiesen,
  • die Entscheidungsfindung für die Gesellschaft fand durch Erörterung zwischen der Verwaltungsratspräsidentin und dem Zeugen H. in Liechtenstein statt (Bl. 454 d.A.),
  • die Gesellschaft habe in Liechtenstein Geschäftsräume angemietet (Beweis Vorlegung des Mietvertrages, Bl. 455 d.A),
  • in Liechtenstein würden die Gesellschafterversammlungen abgehalten (Bl. 456 d. A.),
  • in Deutschland seien in letzter Zeit keine Geschäfte mehr getätigt worden (Bl. 718 d.A.),
  • die Gesellschaft betreibe jetzt Geschäfte mit Thailand (Bl. 718 d.A.),
  • die Gesellschaft betreibe in Liechtenstein Werbung (Bl. 733 d.A.),
  • der Generalbevollmächtigte H. wohnte bis zu seinem Tod in Lichtenstein bei Frau N. (Bl. 726 d.A.),
  • das Konto in Deutschland habe nur für kurze Zeit existiert (Bl. 727 d.A.).

Die Klägerin trägt weiterhin vor, dass der Umstand, dass Herr H. zeitweilig in Deutschland gewesen sei, damit zu erklären sei, dass er eine weitere Firma in L. betrieben habe (Bl. 728 d.A.). Auf die Frage, ob die Firma Personal beschäftige, komme es nicht an. Die Beklagte verstoße mit der Rüge der Parteifähigkeit auch gegen § 242 BGB, da sie in anderen Verfahren von der hiesigen Beklagten in Anspruch genommen worden sei, ohne dass in irgendeiner Form die Partei- oder Rechtsfähigkeit problematisiert worden wäre (Bl. 362 d.A.).

Die Klägerin vertritt überdies die Auffassung, dass die Entscheidung des EuGH vom 5.11.2002 (C – 208/00) betreffend die Anwendung der „Sitztheorie” auch für Liechtenstein als Vertragsstaat des EWR gelte (Bl. 771 d.A.).

Die Beklagte hat in zweiter Instanz Widerklage mit dem Ziel der Feststellung, dass die Klägerin nach deutschem internationalen Gesellschaftsrecht nicht rechts- und parteifähig sei, erhoben. In einem anderen Rechtsstreit hatte die von der Klägerin gleichfalls in L. verklagte M. GmbH eine gleich lautende Widerklage erhoben. Das LG L. an der Lahn hat dieser Widerklage in der Berufungsinstanz am 25.10.2002 stattgegeben und die fehlende Rechtsfähigkeit der Klägerin festgestellt (3 S 52/00, Bl. 648 ff. Beiakte).

Die Klägerin beantragt, den Beklagten bei Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils dazu zu verurteilen, an die Klägerin 12.529,94 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 5.5.2000 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. festzustellen, dass die Klägerin nach deutschem internationalen Gesellschaftsrecht nicht rechts- und parteifähig ist.

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

Der Beklagte verweist auf die Tätigkeiten der Klägerin in Bezug auf die Firma L. AG sowie auf Geschäfte mit Videotheken (vgl. Bl. 399 d.A.). Aus diesen beiden Geschäftsbereichen und der häufigen Anwesenheit des Herrn H. in Deutschland lasse sich auf die vielfältige Tätigkeit der Klägerin in Deutschland und deren faktischen Sitz in Deutschland schließen. Die Klägerin sei sowohl derzeit, wie auch zum Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge nicht rechtsfähig gewesen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Verwaltungssitzes bei der ausländischen Gesellschaft liege, da es einem Außenstehenden im Al...

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