Leitsatz (amtlich)

Zur Leistungsfreiheit des Gebäudeversicherers bei einer Obliegenheitspflichtverletzung des Versicherungsnehmers (hier: mangels Kontrolle ausgefallene Heizung).

 

Normenkette

VVG § 6

 

Verfahrensgang

LG Fulda (Urteil vom 21.04.2004; Aktenzeichen 4 O 308/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil der 4. Zivilkammer des LG Fulda vom 21.4.2004 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Entschädigungsansprüche aus einer Gebäudeversicherung gegen Leitungswasserschäden geltend. Versichert sind die Gaststättenräume und die darüber gelegene Privatwohnung. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen - Leitungswasser - Gebäude und Inhalt (SV-LW 2001 E) zugrunde. Hier heißt es in § 7 Nr. 1c:

"Der Versicherungsnehmer hat während der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile genügend zu beheizen und genügend häufig zu kontrollieren oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zuhalten".

Am 4.1.2003 fuhr die Klägerin mit ihrem Ehemann in Urlaub. Während der Abwesenheit der Klägerin wurde die Gaststätte nicht betrieben und niemand hatte die Möglichkeit, das Gebäude mittels eines Schlüssels zu betreten. Am 4.1.2003 herrschten Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, ab dem 5.1.2003 traten Minustemperaturen auf, die am 8.1.2003 mit -16°C ihren Höhepunkt erreichten, noch am 9.1. 2003 herrschten Minustemperaturen von -8°C bis -14 °C, am 10.4.2003 noch von -4,8 ° bis -13 °C. Nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub stellte die Klägerin am 10.1.2003 fest, dass die Heizung ausgefallen war. Die wasserführenden Leitungen und Rohre waren geplatzt und es war erheblicher Sachschaden entstanden. Die Klägerin meldete den Schaden am 10.1.2003. Noch am selben Tag nahm der Außendienstmitarbeiter A. der Beklagten den Schaden in Augenschein. Am 15.1.2003 besichtigte ein Schadensregulierer der Beklagten den Schaden. Die Beklagte lehnte die Regulierung des Schadens mit Schreiben vom 21.1.2003 ab, berief sich auf eine Obliegenheitsverletzung durch die Klägerin, weil die Heizung nicht hinreichend häufig kontrolliert worden sei und kündigte den Versicherungsvertrag.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe die Wasserzufuhr abgestellt und die Heizung auf Stufe 2 von 7 Stufen laufen lassen. Außerdem habe sie einen Nachbarn beauftragt, auf das Gebäude zu achten. Die Heizung müsse zwischen dem 8. und 10.1.2003 ausgefallen sein. Die Heizung sei erst zwei Jahre alt, arbeite vollautomatisch und kontrolliere sich damit selbst. Sie habe bis dahin immer ordnungsgemäß funktioniert.

Außerdem habe der Mitarbeiter A. für die Beklagte am 10.1.2003 zugesagt, dass der Schaden von der Beklagten getragen werde. Deshalb sei sie davon ausgegangen, dass der Eintritt der Beklagten für den Schaden bereits abgeklärt sei und ihr die Auszahlung der Versicherungsleistung zugesagt werde.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Heizung während der Abwesenheit der Klägerin überhaupt in Betrieb gewesen sei. Sie hat außerdem behauptet, ggü. ihrem Regulierungsbeauftragten sei erklärt worden, dass zwischen dem 3. und 10.01 2003 die Heizung überhaupt nicht kontrolliert worden sei. Das Ausmaß der am 10.1.2003 festgestellten Schäden lasse es auch ausgeschlossen erscheinen, dass die Heizung am 8. oder 9.1.2003 noch gelaufen sei, denn alle Leitungen im 1. Obergeschoss und Dachgeschoss seien aufgefroren gewesen, ebenfalls die Gastherme, die Spülmaschine und zwei Durchlauferhitzer. Die Klägerin habe keinerlei Kontrollen veranlasst.

Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei nicht leistungsfrei geworden. Zwar sei das Gebäude während der Abwesenheit der Klägerin nicht genügend beheizt worden und es sei auch nicht kontrolliert worden. Diese Obliegenheitsverletzungen beruhten aber weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit. Es habe sich nämlich der Klägerin nicht aufdrängen müssen, dass die Heizungsanlage während ihrer Abwesenheit aufgrund eines technischen Defekts ausfallen könne. Nach der Aussage des Zeugen Z. sei die Heizungsanlage bis zum Schadensfall nie ausgefallen. Sie sei auf Dauerbetrieb in der Stufe 2 gestellt gewesen. Außerdem seien die Heizkörper mit automatischen Temperaturreglern versehen gewesen. Die Obliegenheitsverletzung der Klägerin sei deshalb nicht grob fahrlässig.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, auch bei einer modernen vollautomatischen Heizung sei die Einhaltung von Plus-Temperaturen nur gewährleistet, wenn die Heizung tatsächlich laufe. Gerade um das sicherzustellen, seien die Kontrollen erforderlich, die bei den im fraglichen Zeitraum herrschenden Minustemperaturen und bei einer Einstellung der Heizung auf Stufe 2 und der Heizkörperthermostate auf nur 5 °C wegen der Gefahr des schnellen Einfrierens wasserfü...

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