Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflichten des Veranstalters von Fußballspielen

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters eines Bundesliga-Fußballspiels

 

Normenkette

BGB §§ 280, 823 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.04.2010)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Frankfurt a.M. vom 22.4.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beklagte veranstaltete am ... 2008 das Bundesligafußballspiel A gegen B in der ... in Stadt1. Der Beklagte war bei diesem Spiel als Rasenpfleger für den Stadionbetreiber, die C GmbH eingesetzt. Während des Spiels kam es - vermutlich aus einem mit Anhängern des B besetzten Block heraus - zur Zündung mehrerer Feuerwerkskörper.

Der Kläger hat behauptet, er habe sich zu diesem Zeitpunkt weisungsgemäß in der Nähe eines der vier Marathontore aufgehalten. Zumindest ein Feuerwerkskörper sei in der Nähe seines Kopfes explodiert. Er habe dadurch einen Tinnitus verbunden mit einer Minderung der Hörfähigkeit auf einem Ohr um 35 % als Dauerschaden erlitten. Zudem leide er unter Kopfschmerzen, Schwindel und Schlafstörungen.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger ein unbeziffertes Schmerzensgeld, Ersatz seines Verdienstausfalls und Feststellung der Ersatzpflicht aller sonstige Schäden begehrt.

Die Beklagte hat geltend gemacht, alles ihr Mögliche und Zumutbare zur Vermeidung des Mitführens von Sprengkörpern getan zu haben.

Das LG hat die Klage nach Vernehmung von zwei Zeugen, die für die Einlasskontrollen verantwortlich waren, mit Urt. v. 22.4.2010 - auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird - abgewiesen, weil eine Verletzung der Sicherungspflichten durch die Beklagte nicht feststellbar sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehr weiter verfolgt und seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Er ist insbesondere der Auffassung, es sei möglich, zumutbar und erforderlich gewesen, Kontrollen insbesondere der Gästefans in größerer Zahl und höherer Intensität durchzuführen. Er rügt, dass das LG Widersprüche in den Aussagen der beiden Zeugen nicht hinreichend gewürdigt habe.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sicht statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen dem Berufungsverfahren zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Beklagten eine Verletzung der sie als Veranstalterin eines Bundesligafußballspiels treffenden Verkehrssicherungspflicht nicht vorzuwerfen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. BGH VersR 1990, 498, 499; BGH VersR 2002, 247, 248; BGH VersR 2003, 1319; BGH VersR 2005, 279, 280 BGH VersR 2006, 233, 234; BGH VersR 2007, 659, 660 - jeweils m.w.N.). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Sie kann sich auch auf Gefahren erstrecken, die erst durch den unerlaubten und schuldhaften Eingriff eines Dritten entstehen (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 16.9.1975 - VI ZR 156/74, VersR 1976, 149, 150; v. 19.12.1989 - VI ZR 182/89 -, a.a.O.).

Eine solche Verkehrssicherungspflicht trifft auch den Veranstalter einer Sportveranstaltung gegenüber den Zuschauern. Für deren Verletzung muss er einstehen; denn der Veranstalter eines solchen planmäßig durchgeführten sportlichen Wettkampfes mit öffentlichem Interesse, zu dem Zuschauer gegen Entgelt eingeladen werden, "schafft" die Gefahr, indem er den Zustand, von dem für die Zuschauer eine Gefährdung ausgehen kann, herbeiführt oder andauern lässt. Auch das entspricht ständiger Rechtsprechung (s. RGZ 138, 21; BGH VersR 1960, 22 betreffend ein öffentliches Skispringen; BGH VersR 1962, 618 hinsichtlich eines Autorennens; BGH VersR 1975, 133 für ein besuchsoffenes Reitertraining; BGH VersR 1975, 329 für ein internationales Motorrad- und Wagen-Grasbahn- Rennen; BGH VersR 1984, 164 bei einem Bundesliga-Eishockeyspiel).

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr daher erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Mögli...

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