Leitsatz (amtlich)

Das HWiG ist auf Bürgschaftsverträge nur anwendbar, wenn sowohl der Bürge als auch der Hauptschuldner Verbraucher i.S.v. § 13 BGB sind und sowohl der Bürgschaftsvertrag als auch der Hauptschuldvertrag in einer Haustürsituation zustande gekommen sind.

 

Normenkette

BGB §§ 13, 765; HwiG § 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 03.02.2005; Aktenzeichen 2 O 339/04)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 3.2.2005 verkündete Urteil des LG Darmstadt wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin nimmt den Beklagten mit einem Teilbetrag aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Die Klägerin gewährte der - mittlerweile insolventen - A. GmbH am 30.5.2000 ein Darlehen über insgesamt 1,2 Mio. DM. In Höhe von 840.000 DM handelte es sich dabei um ein im Rahmen eines von der Bundesregierung durchgeführten "Technologie-Beteiligungsprogramms" von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) refinanziertes, im Übrigen (360.000 DM) um ein von der Klägerin allein gewährtes Darlehen. Am 8.6.2000 übernahm der Beklagte - einer von fünf Gesellschaftern der A. GmbH - eine Bürgschaft bis zum Betrag von 240.000 zur Absicherung "aller Forderungen der Sparkasse gegen die A. GmbH".

Das nicht refinanzierte Teildarlehen valutiert noch mit 226.174,89 EUR. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten in Bezug hierauf mit einem Teilbetrag von 50.000EUR aus der Bürgschaft in Anspruch.

Mit Urteil vom 3.2.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das LG der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er Klageabweisung begehrt. Wegen seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 8.6.2005 Bezug genommen. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt Zurückweisung der Berufung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Z1; wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.5.2006 verwiesen. Auf die zunächst angeordnete Vernehmung des Zeugen Z2 haben beide Parteien verzichtet.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insb. an sich statthaft sowie form-und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG der Klage stattgegeben.

Die Klägerin kann vom Beklagten Zahlung von 50.000 EUR aus der Bürgschaft vom 8.6.2000 verlangen (§ 767 BGB). Insoweit wird auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Dem stehen die mit der Berufung geltend gemachten Gründe nicht entgegen.

1. Dass der Beklagte seine Bürgschaftserklärung nach § 1 HTWG widerrufen hat, befreit ihn nicht von seiner Leistungspflicht. Das HTWG ist nach der ständigen Rechtsprechung auf Bürgschaftsverträge nur dann anwendbar, wenn sowohl der Bürge als auch der Hauptschuldner Verbraucher i.S.d. § 13 BGB sind und sowohl der Bürgschaftsvertrag als auch der Hauptschuldvertrag in einer Haustürsituation zustande gekommen sind (EuGH NJW 1998, 1295; BGH NJW 1998, 2356). Der vom Beklagten zitierten gegenteiligen Ansicht in der Literatur (z.B. Ulmer in MünchKomm, § 312 Rz. 22; Tiedtke NJW 2001, 1015) vermag der Senat nicht zu folgen, weil sie die aus der Akzessorietät der Bürgschaft folgende enge Verbindung zwischen Bürgschaft und Grundgeschäft nicht berücksichtigt.

Soweit der Beklagte sein Widerrufsrecht auf das Fernabsatzgesetz stützt, verkennt er, dass Bank- und Finanzdienstleistungen unter die Fernabsatzgeschäfte erst seit dem Fernabsatzänderungsgesetz fallen, im Jahr 2000 Verträge über Finanz- und Bankgeschäfte vielmehr nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 FernAbsG ausdrücklich ausgenommen waren. Im Übrigen würde auch hier der Akzessorietätsgrundsatz dazu führen, dass ein Widerrufsrecht nur besteht, wenn sowohl das Hauptgeschäft als auch die Bürgschaft ein Fernabsatzgeschäft darstellen.

2. Der Bürgschaftsvertrag ist nicht deswegen unwirksam, weil nach den Bedingungen für die Refinanzierung des einen Darlehensteils Sicherheiten, insb. Bürgschaften, nicht hätten verlangt werden dürfen.

Dies ist tatsächlich streitig, kann im Ergebnis aber dahin stehen. Selbst wenn man den Ausführungen des Beklagten insoweit folgt, bezog sich das Verbot weiterer Sicherheiten nur auf den refinanzierten Darlehensteil, nicht auch auf das von der Klägerin darüber hinaus gewährte Darlehen. Dies kann man - wie das LG es getan hat - mit der Annahme von zwei Darlehensverträgen (die entgegen der Ansicht des Beklagten in einer Vertragsurkunde zusammengefasst sein können) oder auch mit einem einheitlichen, über die Bürgschaft nur hinsichtlich eines Teilbetrags abgesicherten Darlehensvertrags begründen, so dass die genaue rechtliche Konstruktion dahin stehen kann.

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