Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Nutzungsrecht an Taxiständen im tatsächlich-öffentlichen Straßenraum (TTC-Karte II)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigter Verband kann im Fall der gezielten Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG vorgehen, wenn durch den Verstoß die kollektiven Mitbewerberinteressen seiner Mitglieder berührt sind.

2. Hat eine Taxivereinigung im Privatbesitz stehende, aber im tatsächlich-öffentlichen Verkehrsraum befindliche Stellplätze angemietet, handelt ein Taxifahrer unlauter nach § 4 Nr. 4 UWG, wenn er sich ohne Zustimmung dort bereithält.

3. Die Eigenschaft einer Straße als tatsächlich-öffentlicher Verkehrsraum vermag kein Nutzungsrecht zu begründen; vielmehr bleiben die aus dem Eigentums- und Besitzrecht bestehenden Ausschlussmöglichkeiten unberührt.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 4, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.09.2019; Aktenzeichen 3-6 O 39/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.9.2019, 3-06 O 39/19 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über einen Verstoß gegen beförderungsrechtliche Vorschriften.

Der Kläger ist eine Vereinigung von Taxiunternehmen. Ihm gehören eine Vielzahl der Stadt1er Taxiunternehmen an. Er nimmt satzungsgemäß die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahr. Zwischen dem Kläger und der X AG gab es eine vertragliche Regelung, wonach der Kläger den reibungslosen Ablauf des Taxiverkehrs am Stadt1er Flughafen selbst regeln darf. Hierfür nimmt der Kläger sogenannte Charterregelungen vor, wonach bestimmte Plätze zu vorgegebenen Zeiten nur von bestimmten Taxis angefahren werden dürfen. Taxifahrer, die die Halteplätze nutzen wollen, benötigen eine sog. TTC-Chipkarte, die sie gegen Zahlung eines Entgelts und nach Absolvierung einer Schulung erhalten können. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger (auch) Mieter der Taxihalteplätze vor dem Gebäude A am Stadt1er Flughafen ist.

Die Beklagte ist Taxiunternehmerin. Der von ihr beschäftigte Fahrer C nahm am 19.6.2018 um 18.15 Uhr mit seinem Taxi auf dem Taxihalteplatz The Squaire am Stadt1er Flughafen Aufstellung und lud dort Fahrgäste ein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 17.9.2019, auf das gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen, den Beklagten unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein Taxi am Stadt1er Flughafen auf den von dem Kläger angemieteten und behördlich gekennzeichneten Taxihalteplätzen aufzustellen bzw. bereitzuhalten, ohne dass der Fahrer im Besitz der erforderlichen TTC-Chip-Karte des Klägers ist, wie geschehen am 19.6.2018 um 18:15 Uhr und unter Ziff. II der Klagebegründung dargestellt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei begründet. Der Kläger sei als Verband gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt. Ihm stehe ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG zu. Der für die Beklagte tätige Fahrer habe einen Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 4 UWG begangen, indem er sich als Fahrer des Taxis 59 am 19.6.2018 um 18.15 Uhr auf dem Taxi-Halteplatz am Fernbahnhof des Stadt1er Flughafens aufgestellt habe, ohne im Besitz einer TTC-Karte zu sein. Dort habe er Fahrgäste aufgenommen. Durch die Bereithaltung seines Taxis auf dem Halteplatz vor dem Fernbahnhof habe der Beklagte andere mit dem Kläger vertraglich verbundene Taxiunternehmen, die eine TTC-Karte beim Kläger erworben hätten, im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG gezielt behindert, indem diese den vom Beklagten blockierten Halteplatz nicht zum Bereitstellen ihrer Taxis nutzen konnten.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte ist der Auffassung, angesichts der Tatsache, dass der Taxihalteplatz behördlich mit dem Straßenverkehrszeichen 229 ohne einschränkende Zusatzschilder gekennzeichnet ist, habe er einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Benutzung des Taxihalteplatzes. Das öffentliche Recht habe Vorrang vor dem Eigentumsrecht. Überdies könne das ihm vorgeworfene Verhalten den Tatbestand einer gezielten Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG nicht ausfüllen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in ...

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