Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensschätzung bei Verletzung einer Creative-Commons-Lizenz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Schadensersatzberechnung im Wege der Lizenzanalogie gem. § 97 Abs. 2 S 2 UrhG steht grundsätzlich nicht entgegen, dass der Urheber sein Werk zuvor kostenlos unter der Bedingung lizenziert hatte, dass bestimmte Vorgaben zur Urheberbenennung eingehalten werden. Wenn die Anspruchsgegnerin allerdings bei der Veröffentlichung des Werks (hier: eines Lichtbildes) den Urheber selbst benannt hatte und es lediglich versäumt hat, einen Verweis auf die Bildquelle abzugeben und/oder den Bildtitel zu nennen, so lässt sich ein Mindestschaden vom Gericht nicht zuverlässig schätzen.

2. Ein eigenes schutzwürdiges Interesse eines Verbandes oder einer Vereinigung an der Rechtsverfolgung urheberrechtlicher Verstöße setzt voraus, dass es zum satzungsmäßigen Zweck des Verbandes gehört, eine entsprechende Rechtsverfolgung seiner Mitglieder durchzuführen.

 

Normenkette

UrhG §§ 13, 97, 97a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.08.2018; Aktenzeichen 2-03 O 32/17)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung des Beklagten gegen das am 16.8.2018 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (AZ. 2-03 O 32/17) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Wege einer negativen Feststellungsklage über die Berechtigung des Beklagten, urheberrechtliche Ansprüche eines Urhebers an einem Werk geltend zu machen, das unter einer Creative-Commons Lizenz lizensiert wurde.

Der Beklagte ist ein nicht eingetragener Verein. Er betreibt eine Webseite, auf der Rechteinhabern die Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber Verletzern angeboten wird (Anlage K1, Bl. 31ff. d.A.).

Herr X hatte ein Lichtbild erstellt und es auf der Bilderplattform ... unter einer Creative Commons-Lizenz veröffentlicht. Nach deren Lizenzbedingungen darf der Schutzgegenstand nur genutzt werden, wenn der Name des Urhebers und der Titel des Werks angegeben und ein Link zu der Seite gesetzt wird, auf der das Bildmaterial veröffentlicht wurde.

Die Klägerin nutzte auf ihrer Webseite das genannte Lichtbild unter Nennung des Namens des Urhebers, Herrn X, ohne aber den Titel des Bildes anzugeben und einen Link zur Bildquelle zu setzen.

Herr X schloss mit dem Beklagten einen Vertrag (Anlage K2, Bl. 36ff. d.A.), mit dem er dem Beklagten sämtliche Schadenersatzansprüche aufgrund der hier streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung abtrat, wofür er mit einer pauschalen Zahlung von EUR 50 (brutto) abgefunden wurde. Weiter heißt es in dem Vertrag, dass die Parteien sich einig seien, dass zukünftige Urheberrechtsverletzungen verhindert werden sollten. Dem Beklagten werde daher von dem Urheber die Befugnis erteilt, Unterlassungsansprüche gegen den Verletzer im eigenen Namen geltend zu machen.

Der Beklagte mahnte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben wegen der Urheberrechtsverletzung ab, forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf, verlangte Schadenersatz gemäß den Vergütungssätzen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (nachfolgend: MFM-Sätze) und Ersatz Rechtsverfolgungskosten (Anlage K3, Bl. 38ff. d.A.).

Die Klägerin gab daraufhin gegenüber dem Urheber, Herrn X, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (Bl. 52f. d.A.). Sie wies mit anwaltlichem Schreiben (Anlage K5, Bl. 45ff. d.A.) die Ansprüche des Beklagten zurück und forderte Ersatz der Rechtsverteidigungskosten. Sie teilte dem Beklagten mit, dass sie gegenüber dem Urheber eine Unterlassungserklärung abgegeben habe und forderte ihn unter Fristsetzung zur verbindlichen Erklärung des Verzichts auf die Ansprüche auf. Dem antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 11.1.2017 (Anlage K6, Bl. 55 d.A.).

Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage Feststellung verlangt, dass sie nicht gegenüber dem Beklagten zur Unterlassung, zur Leistung von Schadenersatz und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten verpflichtet sei und der Beklagte seinerseits verpflichtet sei, ihr die Kosten der Rechtsverteidigung zu ersetzen.

Das Landgericht hat den Beklagten mit Versäumnisurteil antragsgemäß verurteilt und nach Einspruch mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Feststellungen und erstinstanzlichen Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, das Versäumnisurteil aufrecht erhalten.

Zur Begründung hat es Folgendes ausgeführt: Der Beklagte sei hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs nicht aktiv legitimiert. Der Unterlassungsanspruch stehe dem Urheber zu und könne auch nicht an einen Dritten abgetreten werden. Der Beklagte habe den Unterlassungsanspruch auch nicht in Prozessstandschaft geltend machen können. Denn er verfolge nach seinem eigenen Vortrag nicht generell die Interessen seiner Mitglieder, sondern Zweck sei nur die Geltendmachung bestimmter Ansprüche der Mitglieder.

Zudem bestehe im Zeitpunkt der mündlichen Verhan...

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