Leitsatz (amtlich)

Zur Übertragbarkeit der sog. „Halzband”- Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.3.2009 (I ZR 114/06), die zum Missbrauch eines Mitgliedskontos bei eBay ergangen ist, auf die missbräuchliche Nutzung eines Facebook-Accounts für persönlichkeitsrechtsverletzende Postings durch Dritte.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1-2, § 1004 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 185

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 14.10.2015; Aktenzeichen 5 O 73/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 14.10.2015 – Az. 5 O 73/14 – teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.000,– zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.6.2014 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 382,70 nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.6.2014 zu erstatten.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 15 % und der Beklagte 85 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um Postings, die unter dem Facebook-Account des Beklagten auf der von dem Kläger eingerichteten öffentlichen Pinnwand bei Facebook zur Bewerbung der von ihm veranstalteten gewerblichen Veranstaltung zum „…” veröffentlicht wurden. Nachdem die Parteien im Hinblick auf die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht abgegebene strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (vgl. GA 71/72) den Unterlassungsantrag zu Ziff. 1.a) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, macht der Kläger noch eine Geldentschädigung sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend.

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen und die Kosten – soweit die Parteien diese übereinstimmend für erledigt erklärt haben – dem Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die streitgegenständlichen Äußerungen persönlich eingestellt habe oder dies durch einen seiner Freunde unter Benutzung des Facebook-Accounts des Beklagten erfolgt sei. Denn es liege keine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers vor, die eine Geldentschädigung rechtfertige. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache stehe dem Kläger auch kein Anspruch gegen den Beklagten auf Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Er rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht, welches für ihn völlig überraschend die Schwere der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts verneint habe.

(Von der Darstellung der nachfolgenden Textpassagen wird abgesehen, die Red.) Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 14.10.2015 – 5 O 73/14 – aufzuheben und

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, das der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 3.000,– zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (20.6.2014) zu zahlen;
  2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger EUR 414,50 nicht anrechenbare außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

(Von der Darstellung der nachfolgenden Textpassagen wird abgesehen, die Red.)

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden. In der Sache ist sie zum überwiegenden Teil begründet.

I.

Der Kläger kann von dem Beklagten eine Geldentschädigung in Höhe von EUR 3.000,– verlangen.

Zu Unrecht hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Geldentschädigung gemäß §§ 823 Abs. 1 und 2, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG; § 185 StGB verneint.

1. Zu Recht rügt die Berufung, das das Landgericht in den streitgegenständlichen Äußerungen keinen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers gesehen hat.

a. Das Landgericht hat zunächst die von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Beurteilung, ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Nicht vertretbar ...

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