Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, inwieweit eine Berufsbetreuerin aus einem für die Betreute abgeschlossenen Pflegevertrag selbst in Anspruch genommen

 

Normenkette

BGB § 765; SGB VII §§ 18, 61; ZPO §§ 416, 419

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.05.2016; Aktenzeichen 2-19 O 254/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 4.5.2016 (Az. 2-19 O 254/14) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird festgesetzt auf 16.989,61 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Zahlungsansprüche aus einem Pflegevertrag sowie Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht geltend.

Die Klägerin betreibt einen ambulanten häuslichen Krankenpflegedienst. Die Beklagte, eine Rechtsanwältin, ist als Berufsbetreuerin tätig. Mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 05.09.2012 (Az.: ...) wurde sie zur Betreuerin von Frau X (im Folgenden: die Betreute) bestellt.

Die Betreute lebte bis November 2012 mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in einer Sozialwohnung. Als ein Zusammenleben nicht mehr möglich war, wurde die Betreute in Ermangelung anderer Möglichkeiten zunächst in ein Pflegeheim untergebracht. Im Zusammenhang mit der Beantragung einer Sozialwohnung für die Betreute telefonierte die Beklagte mehrfach mit der Zeugin Z1 vom zuständigen Sozialamt/Y. Am 07.11.2012 wurde gemeinsam mit der Zeugin Z1 ein Antrag auf eine Sozialwohnung ausgefüllt.

Die Betreute besuchte wochentäglich eine Tagespflegeeinrichtung. Infolge einer durch ein zerebrales Aneurysma erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigung war sie auf Hilfestellung bei der körperlichen Pflege angewiesen. Um die Pflege der Betreuten sicherzustellen, wurde unter dem 22.12.2012 auf Betreiben der Beklagten ein Pflegevertrag geschlossen, der die Pflege der Betreuten durch die Klägerin vorsah. Die von der Beklagten auf dem Pflegevertrag geleistete Unterschrift trägt den Zusatz "als Betreuerin". Unter "Leistungen" ist u.a. handschriftlich eingefügt worden, "Große Körperpflege", "Kleine Körperpflege", "Kämmen" und "Einfache Hilfe b. Ausscheid." Unter "Sonstige Vereinbarungen" heißt es: "Pflegekasse 550,00 EUR, Restkosten für Pflege übernimmt Sozialamt oder gesetzl. Betreuerin Fr. A".

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Pflegevertrages vom 22.12.2012 wird auf Bl. 347 d. A. Bezug genommen.

Ob die Urkunde tatsächlich am 22.12.2012 unterzeichnet wurde und ob bereits in dem Zeitpunkt der Unterzeichnung durch die Beklagte auch die weiteren Leistungen sowie die Einfügungen unter "Sonstige Vereinbarungen" enthalten gewesen waren, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin erbrachte im Zeitraum vom 21.12.2012 bis zum 30.09.2013 Pflegeleistungen für die Betreute, für welche die Klägerin dem Sozialamt/Y insgesamt 15.951,29 EUR in Rechnung stellte. Hinsichtlich des genauen Inhalts der Rechnungen wird auf Bl. 29 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 05.05.2014 lehnte das Sozialamt eine Kostenzusage hinsichtlich der Rechnungen für den Zeitraum Dezember 2012 bis September 2013 mit der Begründung ab, es fehle an einem hierfür erforderlichen Antrag.

Gegen den Bescheid des Sozialamtes erhob die Beklagte im Namen der Betreuten am 11.06.2014 Widerspruch.

Am 18.08.2014 wurde die Betreuung vom Amtsgericht Frankfurt am Main wegen des Wegfalls der Voraussetzungen für eine Betreuung gem. § 1908d BGB aufgehoben.

Mit Schreiben vom 02.10.2014 teilte die Beklagte der Klägerin die Aufhebung der Betreuung mit, und dass sie infolgedessen das Widerspruchsverfahren nicht mehr für die Betreute fortführen könne.

Dennoch bot die Beklagte der Betreuten mit Schreiben vom 2.10.2014 an, für diese das Widerspruchsverfahren privat weiterzuführen, wenn die Betreute sie entsprechend bevollmächtige. Mit Schreiben vom 12.10.2014 lehnte die Betreute eine Bevollmächtigung der Beklagten ab und forderte diese vielmehr auf, sämtliche Unterlagen, die diese im Rahmen der Betreuung erhalten habe - auch die Unterlagen betreffend das Sozialamt - herauszugeben.

Unter dem 16.10.2014 forderte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Betreute zur Zahlung der offenen Rechnungsbeträge unter Fristsetzung bis zum 26.09.2014 auf. Eine Reaktion auf das Schreiben seitens der Betreuten erfolgte nicht.

Erstmals unter dem 16.10.2014 forderte die Klägerin auch die Beklagte zur Zahlung auf, für den Fall, "dass Frau X als Empfängerin der Leistungen zahlungsunfähig ist und das Sozialamt nicht zahlt" (Anlage K 16, Bl. 51 f. d. A.).

In einem weiterem Schreiben vom 30.10.2014 (Anlage K 19, Bl. 56 f. d. A.) wies die Klägerin die Beklagte auf die nach ihrer Ansicht bestehende Rechtslage hin: "Da Sie als Betreuerin Dritten gegenüber nicht direkt haften, verbleibt es zunächst bei Frau X als primärer Schuldnerin. Sobald sich ein Titel gegen Frau X erstritten habe, (...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge