Normenkette

EuGVÜ Art. 17

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 06.10.1998; Aktenzeichen 12 O 563/97)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.02.2004; Aktenzeichen VIII ZR 119/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Darmstadt vom 6.10.1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.d. zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien handeln mit Vieh. Sie standen seit langen Jahren in Geschäftsbeziehung; die miteinander gemachten Umsätze erreichten eine sechsstellige Höhe. Zwischen Januar 1990 und Januar 1992 schlossen die Parteien wechselseitig insgesamt 76 Kaufgeschäfte ab; ein weiterer Kaufvertrag wurde am 15.3.1993 geschlossen. Zwei Geschäften vom 15.1. und 26.2.1996 folgte ein Viehkaufvertrag vom 6.11.1996. Unter dem 8.11.1996 stellte die Klägerin dem Beklagten insgesamt 36.600 DM in Rechnung; auf dem als „Vieh-Kaufvertrag” überschriebenen Schriftstück („gilt sogleich als Rechnung” heißt es unter der Überschrift „Verkaufs- und Zahlungsbedingungen” u.a.: „Erfüllungsort und Gerichtsstand ist für beide Teile Groß-Gerau”).

Die Beklagte zahlte auf die Rechnung nur 155 DM und begründete dies in einem Schreiben vom 28.11.1996 vor allem unter Hinweis auf zwei von der Klägerin ihrerseits nicht ausgeglichene Rechnungen.

Die Klägerin verfolgt die offene Rechnungsforderung im Klagewege. Sie hat vor dem LG Darmstadt vorgetragen, dieses Gericht sei zuständig. Der Kaufvertrag sei unter Bezugnahme auf ihre Verkaufs- und Zahlungsbedingungen abgeschlossen worden; diese Bedingungen habe der Beklagte im Rahmen früherer Geschäfte anerkannt. Zwischen den Parteien sei vereinbart, dass im Falle eines Rechtsstreites der Gerichtsstand des Klägers gelten solle.

Sie hat beantragt, den Beklagten – im Wege des Versäumnisurteils – zu verurteilen, an sie 35.530 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 16.12.1996 zu zahlen.

Die Kammer hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Wegen der von ihr gefundenen Gründe und des erstinstanzlichen Sachstandes im Einzelnen wird auf das Urt. v. 6.10.1998 Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin die Kaufpreisforderung weiter. Sie trägt vor, sie habe seit den achtziger Jahren sämtliche Viehhandelsgeschäfte mit dem Beklagten auf der Basis ihres Vieh-Kaufvertrag-Formulares abgewickelt. Im Viehhandelsverkehr zwischen deutschen und französischen Viehhandelsunternehmen sei es einem geltenden Handelsbrauch entsprechend üblich, für grenzüberschreitende Viehkaufverträge den Gerichtsstand des Lieferanten – des Verkäufers – als vereinbart zu betrachten.

Die Klägerin beantragt, das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Darmstadt vom 6.10.1998 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 35.530 DM zuzüglich 5 % Zinsen seit dem 16.12.1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Parteien hätten nie eine Vereinbarung über den Gerichtsstand getroffen. Viehkaufverträge seien – wie im Viehhandel üblich – stets per Handschlag geschlossen worden.

Das Berufungsgericht hat Beweis über die Behauptung der Klägerin eingeholt, im deutsch-französischen Viehhandelsverkehr sei es branchenüblich, den Gerichtsstand des Verkäufers als vereinbart zu betrachten. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. T. vom 14.2.2002 verwiesen. Wegen des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes i.E. wird auf die vor dem Berufungsgericht gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat die Kammer die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für den Streitfall verneint.

1. Allgemein gilt für Rechtsstreitigkeiten, die in ihrer zeitlichen Anknüpfung nach dem mittlerweile abgelösten EuGVÜ zu beurteilen sind, dass Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen sind (Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ). Danach wären die deutschen Gerichte für die gegen den in Frankreich ansässigen Beklagten gerichtete Klage international nicht zuständig.

2. Eine besondere Zuständigkeit hat sich nicht aus Art. 5 Ziff. 1 EuGVÜ ergeben. Nach dieser Regelung kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat dann verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des in diesem anderen Vertragsstaat gelegenen Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.

Aus dieser Regelung ergibt sich aber keine internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts; der Ort, an dem die kaufvertragliche Zahlungsverpfl...

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