Entscheidungsstichwort (Thema)

Restwertabrechnung bei ordentlich beendetem Leasingvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. In AGB von Leasingsverträgen mit Restwertabrechung ist eine Frist in einer Andienungsklausel von zwei Wochen zur Benennung eines Käufers und zur vollständigen Abwicklung des Ankaufs einschließlich Barzahlung und Auskehr an die Leasinggesellschaft zu kurz, benachteiligt dies den Leasingnehmer unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB und ist daher auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam.

2. Die lediglich in den AGB, nicht aber in der Vertragsurkunde enthaltene Konkretisierung des Restwertes auf den Händlereinkaufswert verstößt jedenfalls dann gegen die Verpflichtung der Leasinggesellschaft zur bestmöglichen Verwertung des Leasinggutes, wenn das Leasinggut dem Leasingnehmer nicht oder nur zu unzumutbaren Bedingungen zur anderweitigen Verwertung angeboten wird; als isolierte Abrechnungsklausel benachteiligt sie den Leasingnehmer unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB.

3. Im Falle der Unwirksamkeit der Andienungsklausel oder einer fehlenden Andienung ist der Restwert auf der Basis des Händlerverkaufswertes abzgl. eines Abschlages von 10 % zu errechnen.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 08.11.2011; Aktenzeichen 12 O 52/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Darmstadt vom 8.11.2011 (Az. 12 O 52/11) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.800,71 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 29.4.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen die Klägerin 17 %, die Beklagte 83 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Seite durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Ausgleich des Restwertes aus zwei Leasingverträgen vom 7. und 8.3.2007 über zwei Kraftfahrzeuge in Anspruch. Die Leasingdauer war gleichlautend mit 30 Monaten sowie Restwertabrechnung vereinbart. Die Beklagte übernahm die Fahrzeuge zur Nutzung als Mietwagen und garantierte die Erzielung des Restwertes vertraglich. Für das Fahrzeug X war ein Restwert von netto 12.187,24 EUR, für das Fahrzeug Y ein solcher von netto 14.650,86 EUR vereinbart. In den AGB der Klägerin war außerdem festgehalten (XVI. 3.), dass bei Rückgabe der "Wert des Fahrzeuges (Händlereinkaufspreis)... durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ermittelt" wird.

Ergänzend wird auf die Leasingverträge (Anl. I und II) Bezug genommen.

Der vereinbarte Restwert wurde in beiden Fällen nicht erreicht.

Nach Verlängerung der Laufzeit beider Verträge um jeweils 6 Monate bis zum März 2010 betrug der vereinbarte Restwert für das Fahrzeug X 10.491,98 EUR netto. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige schätzte den Händlereinkaufswert bei vertragsgerechter Rückgabe jedoch lediglich auf 6.470,59 EUR netto.

Der nach Vertragsverlängerung vereinbarte Restwert für das Fahrzeug Y betrug 12.922,25 EUR netto, der vom Sachverständigen geschätzte Händlereinkaufswert bei vertragsgerechter Rückgabe jedoch lediglich 8.151,26 EUR netto.

Auf die Gutachten der Dekra vom 17. und 18.3.2010 wird Bezug genommen.

Die Differenz zwischen dem vereinbarten Restwert und den vom Sachverständigen ermittelten Beträgen ist zzgl. der Hälfte der Sachverständigenkosten für die Schätzung Gegenstand der Klageforderung.

Die Klägerin hat der Beklagten darüber am 14.4.2010 Abrechnungen erteilt, auf die Bezug genommen wird (Anl. IK5 und IIK4).

Die Beklagte hat in erster Instanz den Zugang der beiden Schreiben vom 23.3.2010 bestritten, mit denen die Klägerin ihr Gelegenheit gegeben haben will, ihr bis zum 9.4.2010 einen Käufer zu benennen, der die Fahrzeuge zu einem höheren Preis erwirbt.

Insoweit war in den AGB zu den Leasingverträgen vorgesehen (XVI. 3.), dass

"dem Leasingnehmer die Möglichkeit eingeräumt (wird), innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Sachverständigengutachtens einen Kaufinteressenten zu benennen, der innerhalb dieser Frist das Fahrzeug zu einem über dem Schätzwert zzgl. Umsatzsteuer liegenden Kaufpreis bar bezahlt und abnimmt."

Die Beklagte hat ferner geltend gemacht, die Klägerin habe die Fahrzeuge unter Wert an den Vertragshändler abgegeben, ohne sie ihr zuvor anzudienen. Hierzu hat sie sich auf die Anlagen B7 und B12, B13 berufen, wonach der X einen Händlereinkaufswert von 10.325 EUR netto und der Y einen solchen i.H.v. 12.675 EUR netto gehabt habe. Dabei handelte es sich um Gebrauchtfahrzeugbewertungen durch die Firma Z Autohäuser, die aufgrund Be...

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