Leitsatz (amtlich)

Ist der Anspruch auf Vollziehung einer testamentarischen Auflage (§ 2194 BGB) verjährt und tritt danach erst die Unmöglichkeit der Vollziehung der Auflage ein (§ 2196 BGB), so kann der deswegen in Anspruch Genommene sich auf die eingetretene Verjährung berufen, auch wenn der Anspruch aus § 2196 BGB selbst noch nicht verjährt ist.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

 

Normenkette

BGB §§ 2194, 2196

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 17.01.2012; Aktenzeichen 2 O 183/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Wiesbaden vom 17.1.2012 - 2 O 183/11, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte im Wege der Stufenklage Auskunft über den Bestand und Verbleib eines Vermächtnisses der am 17.4.1940 verstorbenen ... V sowie über die Höhe der Erlöse der aus der Zuwendung erlangten Nutzungen und an dessen Stelle getretenen Surrogate sowie Zahlung eines nach Erteilung der Auskunft zu beziffernden Betrags geltend.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 87 bis 89 d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat die Klage wegen Verjährung des geltend gemachten Anspruchs aus § 2196 BGB abgewiesen.

Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 89 bis 90 d.A.) wird verwiesen.

Gegen dieses ihm am 27.1.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 24.2.2012 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.4.2012 mit einem am 26.4.2012 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger rügt die Annahme des LG, wonach sein Anspruch verjährt sei, und trägt ergänzend in der Sache vor.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des LG Wiesbaden vom 17.1.2012 zu verurteilen, ihm Auskunft über den Bestand und den Verbleib des Vermächtnisses der am 17.4.1940 verstorbenen Frau ... V, geb ..., sowie über die Höhe der Erlöse der aus der Zuwendung erlangten Nutzungen und an dessen Stelle getretenen Surrogate durch Aufstellung eines systematischen Verzeichnisses zu erteilen, hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung der Entscheidung des LG Wiesbaden zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Wiesbaden zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Anspruch aus § 2196 BGB sei verjährt, da es sich um einen Surrogatanspruch handele, der zu dem Zeitpunkt verjähre, zu dem der Primäranspruch nach § 2194 BGB verjähre. Die Verjährung des Anspruchs auf Vollziehung der Auflage sei spätesten 1970 und damit noch vor der Veräußerung der Immobilie im Jahr 1981 eingetreten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Es kann offen bleiben, ob dem Kläger mit der begehrten Auskunft, insbesondere über die Erlöse der aus der Zuwendung erlangten Nutzungen und an deren Stelle getretenen Surrogate, überhaupt eine Bezifferung eines Anspruchs nach § 2196 BGB ermöglicht würde, der die Abschöpfung des für die Erfüllung der Auflage erforderlichen, aber wegen Unmöglichkeit der Erfüllung eingesparten Betrags bezweckt (Staudinger/Otte, Neub. 2003, § 2196 BGB Rz. 1). Auch kann dahin stehen, ob der Kläger als Rechtsnachfolger nach der Erbin E alleiniger Inhaber eines Anspruchs nach § 2196 BGB sein und die Beklagte Entreicherung einwenden könnte.

Das LG hat nämlich zumindest im Ergebnis zutreffend angenommen, dass sich die Beklagte gegenüber einem möglichen Anspruch des Klägers aus § 2196 BGB, für dessen Bezifferung er Auskunft begehrt, mit Erfolg auf Verjährung berufen kann.

1. Allerdings rügt der Kläger zu Recht, dass der Begründung des LG nicht gefolgt werden kann, wonach der Anspruch aus § 2196 BGB selbst dann verjährt sei, wenn man den Eintritt der Unmöglichkeit der Vollziehung der Auflage durch Verkauf des Grundstücks im Jahr 1981 als Entstehungszeitpunkt und damit als Beginn des Fristlaufs zugrunde legt.

Das LG hat bei seiner Argumentation insoweit übersehen, dass auch nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 1.1.2002 die Verjährungsfrist für erbrechtliche Ansprüche nach § 197 Abs. 1 Ziff. 2 BGB n.F. 30 Jahre betrug, wobei diese Verjährungsfrist grundsätzlich für alle Ansprüche aus dem 5. Buch des BGB "Erbrecht" galt (BGH, Urt. v. 18.4.2007 - IV ZR 279/05, NJW 2007, 2174) und damit auch für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 2196 BGB. Zwar ist § 197 Abs. 1 Ziff. 2 BGB mit Wirkung vom 1.1.2010 aufgehoben worden, so das...

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