Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Anforderungen an die Darlegung der fachgerechten Beseitigung von Vorschäden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein Fahrzeug einen Vorschaden im aktuellen Schadensbereich erlitten, muss der Geschädigte darlegen und beweisen, dass der Schaden fachgerecht repariert worden ist.

2. Angesichts der Rechtsprechung des BGH zum Beweisantritt muss es allerdings ausreichen, wenn der Geschädigte ein detailliertes Schadensgutachten vorlegt und behauptet, dass die Reparatur entsprechend den dortigen Vorgaben erfolgt ist, damit das Gericht eine Beweisaufnahme durchzuführen hat.

3. Kann der Geschädigte Ersatzteilrechnungen nicht vorlegen, ist ihm der entsprechende Beweis durch Zeugenvernehmung nicht abgeschnitten.

 

Normenkette

BGB § 249

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 14.09.2018; Aktenzeichen 3 O 333/17)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 14.9.2018 aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Gerichtskosten der Berufungsinstanz werden nicht erhoben. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung des Landgerichts vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert für die Berufungsinstanz wird auf 6.934,15 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Von der Wiedergabe des Sachverhalts wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen, da gegen das Urteil ein Rechtsmittel unzweifelhaft nicht gegeben ist.

II. Die zulässige Berufung hat vorläufig Erfolg. Das Landgericht hat die Klage unter Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs zu Unrecht abgewiesen, weil es den von der Klägerin angebotenen Zeugenvernehmungen nicht nachgekommen ist.

1. Die Klägerin hat von der Beklagten Ersatz für Schäden verlangt, die ihr durch einen Verkehrsunfall in Stadt1 vom XX.XX.2012 entstanden sind, für den die Beklagte zu 100 % einstandspflichtig ist. Nach Einholung eines Gutachtens vom 16.11.2012 hat die Klägerin die Schäden gemäß Rechnung vom 6.12.2012 reparieren lassen.

Die Parteien streiten darüber, ob das Fahrzeug zuvor nach einem Unfall vom XX.XX.2011 vollständig repariert worden war, für den ein Gutachten der Firma X vom 3.8.2011 vorliegt. Die Klägerin hatte nach dem Unfall unter dem 1.8.2011 eine Notreparatur vornehmen lassen und erstinstanzlich behauptet, sie habe den Bereich vorne rechts in vollem Umfang in Eigenleistung unter Zuhilfenahme von fachkundigen Helfern repariert, bis auf einen Teil hinten rechts, der vom Sachverständigen auch als Vorschaden aufgenommen worden sei.

Das Landgericht hat die angebotenen Zeugen nicht vernommen, sondern ein Gutachten des Sachverständigen A eingeholt, das dieser im Verhandlungstermin erläutert hat. Der Sachverständige hat angesichts der ihm übersandten Fotografien aus den Schadensgutachten und sonstigen Fotografien nicht eindeutig feststellen können, ob die im Gutachten des Sachverständigen B vom 16.11.2012 festgestellten Schäden mit den bereits im Jahr 2011 festgestellten Schäden übereinstimmten. Er konnte dies mangels ausreichender Anknüpfungstatsachen weder bestätigen noch widerlegen. Aus diesem Grund hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin eine ordnungsgemäße Reparatur entsprechend dem Sachverständigengutachten der X nicht ausreichend nachgewiesen habe.

2. Damit hat das Landgericht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, indem es die von der Klägerin angebotenen Zeugen zum Zustand des Fahrzeugs und den Reparaturvorgängen nicht gehört hat.

Die Klägerin trägt gemäß den §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249 BGB die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des von ihr verfolgten Schadensersatzanspruchs und damit auch für die haftungsausfüllende Kausalität, d.h. ob und in welchem Umfang ihr durch das Schadensereignis ein Schaden entstanden ist. Der Schadensersatzanspruch erstreckt sich nur auf die Kosten, die zur Wiederherstellung des von dem Schädiger zu vertretenden Schadensereignisses erforderlich sind. Der Geschädigte muss sowohl den Umfang des Vorschadens wie auch dessen Reparatur nachvollziehbar darlegen und gegebenenfalls beweisen.

a) Vorliegend ist unstreitig, dass das Fahrzeug der Klägerin ein Jahr vorher einen Vorschaden an einer Stelle erlitten hatte, die dem jetzigen Schadensbereich entspricht. Unstreitig hat die Klägerin nach dem Vorfall eine Notreparatur vorgenommen, die Karosserieschäden allerdings nicht in einer Werkstatt beseitigen lassen. Nach dem Gutachten vom 16.11.2012 steht außerdem fest, dass im rechten hinteren Bereich Vorschäden noch vorhanden sind, die offenbar und auch nach dem Vortrag der Klägerin aus dem Vor-Unfall herrühren.

Die Klage unterliegt grundsätzlich dann der Abweisung, wenn sich beim nachgewiesenen Schadensereignis auf der Ebene der haftungsausfüllenden Kausalität nicht beweisen lässt, welcher konkrete Schaden entstanden ist (OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.05.2014 - 4 U 393/11 -). Dieser Nachweis ist insbesond...

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