Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Umfang der Prüfpflicht der Bank hinsichtlich der Erbenstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Kreditinstitut genügt seiner Pflicht, im Erbfall ihres Kunden die erbrechtliche Verfügungsberechtigung zu prüfen, wenn ihr ein notariell beurkundetes Testament des Erblassers vorgelegt wird; dies gilt auch dann, wenn das Testament auf einen Erbvertrag Bezug nimmt, der eine abweichende Erbeinsetzung vorsieht, die Unwirksamkeit der testamentarischen Verfügung wegen dieser Abweichung jedoch erst im Wege einer Vertragsauslegung erkennbar wird; dies gilt insbesondere dann, wenn sowohl der Erbvertrag als auch das Testament vom selben Notar beurkundet wurden und das Kreditinstitut auf dessen Prüfung der Wirksamkeit der testamentarischen Verfügung vertraut.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.12.2010; Aktenzeichen 2-17 O 97/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.12.2010 verkündete Schlussurteil der 17. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. abgeändert:

Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits hat der Kläger zu tragen, mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Verhandlungstermin vom 15.6.2010 entstandenen Säumniskosten, die die Beklagte zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Freigabe von in einem Depot seines Vaters befindlicher Vermögenswerte nach dessen Ableben an die zweite Ehefrau des Erblassers geltend.

Der Kläger ist nach rechtskräftiger Feststellung durch Urteil des LG Bad Kreuznach vom 14.1.2009 als durch einen notariell beurkundeten Erb- und Erbverzichtsvertrag seiner Eltern vom ... 9.1980 eingesetzter befreiter Vorerbe Alleinerbe seines am ... 2005 letztverstorbenen Vaters.

Hinsichtlich des Inhalts des Erb- und Erbverzichtsvertrages wird auf Bl. 28 ff. d.A. verwiesen. Der Erblasser heiratete am ... 4.2004 Frau A, verheiratete B, nunmehr C. Bereits am ... 1.2004 hatte der Erblasser ein notarielles Testament errichtet, in dem er seine damalige Lebensgefährtin A als Alleinerbin einsetzte. Wegen des Inhalts des Testaments im Einzelnen wird auf Bl. 36 ff. d.A. verwiesen. Der Erblasser unterhielt bei der Beklagten ein Depot, das zum Zeitpunkt des Erbfalles Fondsanteile im Wert von ca. 80.000 EUR aufwies.

Unter Vorlage des notariellen Testaments vom ... 1.2004 sowie des Erb- und Erbverzichtsvertrages vom ... 9.1980 beauftragte Frau C die Beklagte, die Fondsanteile auf ihr eigenes Depot zu übertragen. Die Beklagte führte diesen Auftrag aus. Mit der Klage begehrt der Kläger Schadensersatz in Höhe des Wertes der Fondsanteile sowie des Weiteren Ersatz des ihm entgangenen Gewinns i.H.v. mehr als 18.000 EUR.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, das Depotguthaben auf Frau C zu übertragen. Sie hätte erkennen können, dass das Frau C als Alleinerbin einsetzende Testament wegen der entgegenstehenden Bestimmungen des Erb- und Erbverzichtsvertrages seiner Eltern unwirksam war. Sie sei ihrer auch in Ziff. 20 der Depotbedingungen normierten Prüfpflicht hinsichtlich der Erbberechtigung der Frau C nicht nachgekommen und habe daher ihre Verpflichtungen aus dem Depotvertrag verletzt. Hinsichtlich des geltend gemachten entgangenen Gewinns hat der Kläger die Auffassung vertreten, für die Schadensberechnung sei der Kursgewinn zu berücksichtigen, den der Kläger erzielt hätte, wenn die Fondanteile in dem Depot verblieben wären. Desweiteren hat der Kläger Auskunftsansprüche geltend gemacht.

Das LG hat am 26.1.2010 gegen den säumigen Kläger klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen. Im Einspruchstermin vom 15.6.2010 hat die Beklagte hinsichtlich des Zahlungsanspruchs des Klägers wegen einer am tag zuvor bei Gericht eingegangenen, auf Zahlung weiterer 18.435,11 EUR nebst Zinsen gerichteten, Klageerweiterung keinen Antrag gestellt.

Das LG hat mit Teilversäumnis- und Teilurteil vom 13.7.2010 unter teilweiser Abänderung des Versäumnisurteils vom 26.1.2010 die Beklagte verurteilt, an den Kläger 80.254,37 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2009 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen Frau C und hat die Klage im Übrigen (mit Ausnahme des Betrages der Klageerwiderung) abgewiesen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, das Teilversäumnisurteil vom 13.7.2010 aufrechtzuerhalten und die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger weitere 18.435,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.6.2010 zu zahlen, hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen Frau C.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auf...

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