Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausnutzung der Wertschätzung einer bekannten Marke durch "keyword advertising"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Bekanntheitsschutz einer Gemeinschaftsmarke reicht es aus, wenn die Voraussetzungen des Art. 9 I c GMV in der Bundesrepublik Deutschland erfüllt sind; in diesem Fall besteht dieser Bekanntheitsschutz jedoch nur in der Bundesrepublik Deutschland.

2. Wird eine bekannte Marke von einem Dritten im Wege des "keyword advertising" als Schlüsselwort in der Weise verwendet, dass bei Eingabe der Marke in die Suchmaske eines Internet-Suchmaschinenbetreibers eine als solche gekennzeichnete Anzeige des Dritten erscheint, in welcher die fremde Marke selbst nicht genannt wird, liegt hierin eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung der bekannten Marke, wenn in der Anzeige die unter der Marke angebotenen Waren oder Dienstleistungen in ein negatives Licht gerückt werden; dies ist der Fall, wenn nach dem Inhalt der Anzeige das Angebot des Markeninhabers aus der Sicht des Durchschnittsnutzers als stark überteuert dargestellt wird.

 

Normenkette

EGV 207/2009 Art. 9 Abs. 1 Buchst. c

 

Verfahrensgang

BGH (Urteil vom 20.02.2013; Aktenzeichen I ZR 172/11)

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.07.2011; Aktenzeichen 6 U 272/10)

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 03.11.2010; Aktenzeichen 2-6 O 318/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3.11.2010 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt a.M. wird nach teilweiser Klagerücknahme in der Berufungsinstanz mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1. des Tenors des angefochtenen Urteils wie folgt lautet:

Der Beklagten wird es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, in der Bundesrepublik Deutschland in einem Internet-Referenzierungsdienst, insbesondere Google, das Schlüsselwort 'X' in einer oder für eine Werbung mit Erotikartikeln zu benutzen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 3 zur Klageschrift dargestellt.

Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens I ZR 172/11 haben die Klägerin ¼ und die Beklagte ¾ zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 260.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einer eingetragenen Gemeinschaftsmarke geltend.

Die Klägerin vertreibt in Deutschland unter der Bezeichnung "X" Erotikartikel. Sie ist Inhaberin der für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 03, 05, 09, 10, 14, 16, 18, 25, 28, 35, 38, 41, 42, 43 und 45 eingetragenen Gemeinschaftswortmarke ... "X". Die Beklagte betreibt in ihrem Internet-Shop unter dem Domainnamen "Y. de" einen Internetversandhandel für Erotikprodukte. Die Beklagte verwendete im März 2010 die Bezeichnung "X" als Schlüsselwort, um eine vom Suchmaschinenbetreiber Google eröffnete Möglichkeit zur Werbung auf einem auf einer Internetseite erscheinenden Werbeplatz (AdWords-Anzeige) zu nutzen. Gegen Zahlung eines Entgelts zeigt Google die vom Werbenden vorgegebene AdWords-Anzeige auf der Internetseite, die erscheint, wenn der als Schlüsselwort benannte Begriff von einem Internetnutzer in die Suchmaske eingegeben wird, rechts neben der Trefferliste in einem gesonderten Bereich an, der mit "Anzeigen" überschrieben ist. Bei der Eingabe des Wortes "X" in die Suchmaske bei Google erschien in diesem Bereich folgende Anzeige (Anlage K3):

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Über die in der Anzeige als elektronischer Verweis (Link) ausgestaltete Internet-Adresse gelangte man zum Internetauftritt der Beklagten.

Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Marke, die nach ihrer Behauptung bekannt ist. Sie hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, in einem Internet-Referenzierungsdienst, insbesondere Google, das Schlüsselwort "X" in oder für eine Werbung mit Erotikartikeln zu benutzen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 3 dargestellt.

Ferner hat sie - begrenzt auf Handlungen, die in Deutschland erfolgt sind - Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat der Senat die Klage mit Urteil vom 28.7.2011 abgewiesen. Dieses Urteil hat der BGH mit Urteil vom 20.2.2013 aufgehoben und die Sach...

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