Entscheidungsstichwort (Thema)

VW-Abgasskandal: Deliktische Haftung für Fahrzeugmodelle einer Tochtergesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Anhaltspunkte für ein objektiv sittenwidriges Handeln nach anlassbezogener Untersuchung und Nichtbeanstandung durch das Kraftfahrtbundesamt

 

Normenkette

BGB §§ 31, 823 Abs. 2, §§ 826, 830 Abs. 1-2, § 840 Abs. 1; EG-FGV §§ 6, 27; StGB § 263

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.01.2019; Aktenzeichen 2-25 O 73/18)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2019, Az. 2-25 O 73/18, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage, mit der er die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen des Erwerbs eines mit einer vorgeblich unzulässigen Abschalteinrichtung für das Abgasreinigungssystem versehenen Neufahrzeugs in Anspruch genommen hat.

Mit verbindlicher Bestellung vom 05.07.2014 erwarb der Kläger bei der Audi Stadt1 GmbH einen gebrauchten, erstmals am 14. März 2012 zugelassenen Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro S tronic (FIN ...). Der Kaufpreis betrug 35.850,00 EUR. Bei der Übergabe an den Kläger wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 57.025 km auf. Das Fahrzeug verfügt über einen 6-Zylinder-Motor mit 150 kW und unterfällt der Euro 5-Norm. Der Motor wurde von der Audi AG federführend entwickelt und in einem Werk in Ungarn gefertigt. Die Motorsteuerungssoftware wurde von der Beklagten bei der Y GmbH in Auftrag gegeben und der Audi AG, mit der die Beklagte über einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag verbunden ist, sodann überlassen.

Im Mai 2017 veröffentlichte das Kraftfahrt-Bundesamt einen Fahrzeugrückruf für Fahrzeuge der Audi AG, da aufgrund "manipulierte[r] Software die Abgasgrenzwerte im Feld nicht eingehalten" würden. Zudem veröffentlichte das Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2019, Dezember 2019 und Februar 2020 verpflichtende Rückrufe für Fahrzeuge der Beklagten und der Audi AG wegen der Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen, wobei Anlass unter anderem der Einsatz einer so genannten "Aufheizstrategie" und einer so genannten "Lenkwinkelerkennung" war. Hinsichtlich der "Lenkwinkelerkennung" korrigierte das Kraftfahrt-Bundesamt seinen Bescheid in der Folge dahingehend, dass der Rückruf nicht aufgrund einer "unzulässigen Abschalteinrichtung", sondern aufgrund einer "Konformitätsabweichung Antriebssteuerungssoftware" erfolge.

Der Kläger hat behauptet, sein Fahrzeug sei mit dem Motor EA 897 ausgestattet. Die Beklagte habe den mit dem Motor EA 189 erzielten "Betrugserfolg" auf die 3.0-Liter-TDI-Aggregate übertragen. Anders sei es nicht zu erklären, dass in den USA der VW-Konzern lieber alle 3.0-TDI-Fahrzeuge vom Markt genommen habe, als ein zweites Mal des Betruges überführt zu werden.

Das streitgegenständliche Fahrzeug sei von dem im Mai 2017 veröffentlichten Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts erfasst. Vor diesem Hintergrund drohten der Verlust der EU-Typgenehmigung und damit die Stilllegung des Fahrzeugs.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte nach §§ 826, 31 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 27 EG-FGV auf Schadensersatz. Jedenfalls müsse diese aufgrund der konzernrechtlichen Verflechtung für ein etwaiges Fehlverhalten der Audi AG einstehen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Audi A6 3.0 TDI quattro S tronic mit der Fahrgestellnummer ... im Wege des Schadensersatzes an die Klagepartei 35.850,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Januar 2018 unter Anrechnung einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung zu zahlen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 12. Januar 2018 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstandes in Annahmeverzug befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.434,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Januar 2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, das Fahrzeug sei mit einem Motor des Typs EA 896 Gen2 ausgestattet. Eine Beanstandung durch das Kraftfahrt-Bundesamt aufgrund einer das Emissionsverhalten beeinflussenden Motorsteuerungssoftware sei nicht erfolgt. Zudem hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sie nicht Herstellerin des Fahrzeuges und somit nicht passivlegitimiert sei.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Januar 2019, auf das wegen der weiteren Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der im Fahrzeug des Klägers verbaute Motor eine kritische Schadstoff-Software aufweise oder nicht, da der Kläger hinsichtlich sei...

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