Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen auf einem regulierten Markt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das für die wettbewerbliche Aktivlegitimation erforderliche Wettbewerbsverhältnis zwischen zwei Unternehmen wird durch das Angebot gleicher Leistungen gegenüber gleichen Abnehmern ausnahmsweise dann nicht begründet, wenn die Abnehmer dieser Leistungen infolge einer gesetzlichen Regulierung gezwungen sind, die Leistungen in jeder angebotenen Menge und zu einem festgesetzten Preis abzunehmen (im Streitfall: Strom aus Windenergieanlagen); in diesem Fall fehlt es an einem Absatzmarkt, auf dem die Unternehmen konkurrieren könnten.

2. In dem unter Ziffer 1. dargestellten Fall besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis auf einem Nachfragemarkt (etwa nach Investitionen oder Grundstücken) nur dann, wenn bei beiden Unternehmen ein konkreter Bedarf an solchen Leistungen besteht; die bloße Möglichkeit einer entsprechenden Nachfrage in der Zukunft reicht hierfür nicht aus.

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.02.2016; Aktenzeichen 2-3 O 189/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.02.2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 44.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte das Firmenschlagwort "Windpark A" führen darf. Wegen des Sachverhalts wird im Übrigen gem. § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, sich im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zur Unternehmenskennzeichnung ihres auf die Erstellung und den Betrieb von Energieanlagen gerichteten Geschäftsbetriebs der Bezeichnung "Windpark A" zu bedienen, wenn dies geschieht als Firmenschlagwort, insbesondere Windpark A GmbH & Co KG. Die weiter gehende Klage auf Löschung der Firma, Auskunft und Schadensersatz ist abgewiesen worden.

Zur Begründung hat das LG ausgeführt, das von der Beklagten verwendete Firmenschlagwort sei irreführend, weil es einen nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise zu der Annahme verleiten könne, es handle sich bei der Beklagten um die einzige oder zumindest um die führende Betreiberin der Windkraftanlagen in der Gemarkung A. Zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, so dass sie als Mitbewerber anzusehen seien. Dies gelte für das Verhältnis der Beklagten zu den Klägerinnen zu 2.) - 4.), weil die Parteien vollständig austauschbare Waren anböten und weil sie bei der Nachfrage um Grundstücke zur Erweiterung ihrer Anlagen in Konkurrenz miteinander treten könnten. Dies gelte auch für das Verhältnis der Beklagten zur Klägerin zu 1.), weil diese den von den anderen Beteiligten hergestellten Strom vermarkte und daher als mittelbar Beteiligte anzusehen sei.

Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ihr Ziel der Klageabweisung weiter verfolgt.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass es im Unterlassungstenor des angefochtenen Urteils hinter der Bezeichnung "Windpark A" heißen soll "als Firmenschlagwort zu bedienen, wie in der Firma "Windparkt A GmbH & Co KG".

Die Klägerinnen wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen. Sie stützen sich - wie schon in der ersten Instanz - hilfsweise auf eine Verletzung ihrer Rechte an dem Namen "Windpark A". Das Recht zum Führen dieses Namens stehe nur allen am Gesamtprojekt beteiligten Firmen gemeinschaftlich zu, weswegen die anderen Gemeinschafter - also die Klägerinnen - von dem "untreuen" Gemeinschafter - der Beklagten - Unterlassung verlangen dürften. Dabei verweisen die Klägerinnen auf Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 28.9.2011 (GRUR 2012, 534, 536 [BGH 28.09.2011 - I ZR 188/09] - Landgut Borsig) aufgestellt hat.

II. Das Rechtsmittel der Beklagten hat Erfolg. Den Klägerinnen stehen keine Unterlassungsansprüche wegen der unberechtigten Verwendung des Firmenschlagworts "Windpark A" gegen die Beklagte zu.

1. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche sind nicht gegeben.

a) Der Senat teilt zwar die Ansicht des LG, dass die Verwendung des kennzeichnenden Firmenbestandteils "Windpark A" geeignet ist, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehr...

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