Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-03 O 513/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.11.2022; Aktenzeichen VI ZR 65/21)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16. Januar 2020, 2-03 O 513/18, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufung wird-auf 30.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung einer ihn durch Angabe des Namens, seines Studentenstatus sowie der Bezeichnung seiner Nebentätigkeit und durch Veröffentlichung eines Bildnisses identifizierenden Berichterstattung, wie geschehen in zwei Artikeln, die in der AStA-Zeitschrift der Universität Frankfurt vom August 2015 veröffentlicht wurden und sich mit der sog. "Pick-Up-Artist-Szene" befassten.

Vorangegangen sind ein - damals gegen den AStA der Universität Frankfurt gerichtetes - einstweiliges Verfügungsverfahren, in dem der Senat mit Urteil vom 7. Januar 2016 (16 W 63/15) die von dem Landgericht abgelehnte einstweilige Verfügung erlassen hat, sowie ein Hauptsacheverfahren, in dem das Landgericht - bestätigt durch Urteil des Senats vom 14. September 2017 (16 U 1/17) - die gegen den AStA gerichtete Klage mangels Parteifähigkeit des AStA als unzulässig abgewiesen hat. Nunmehr richtet sich die Klage gegen die Studierendenschaft der Universität Frankfurt am Main als Herausgeberin der AStA-Zeitung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 186 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht ist von der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ausgegangen und hat der Klage - bis auf einen Teil der Zinsen - stattgegeben. Dabei hat es im Wesentlichen das Urteil des Senats vom 7. Januar 2016 zitiert und kurz ergänzt. Danach habe sich die Beklagte den Inhalt der beiden Artikel zu Eigen gemacht. Der Kläger sei erkennbar. Die identifizierende Berichterstattung sei als Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht unzulässig. Zwar tangiere die Berichterstattung den Kläger in seiner Sozialsphäre. Sie betreffe freilich nicht die Betätigung des Klägers im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit im Wirtschaftsleben, da sich die Artikel nicht mit der nebenberuflichen Tätigkeit des Klägers in der Agentur auseinandersetzten, sondern mit der Art und Weise der im Kurzbeitrag gezeigten Anmachtaktik Frauen gegenüber. Zwar sei die Pick-Up-Artist-Szene in Frankfurt ein die Öffentlichkeit aktuell berührendes Thema. Eine Identifizierung sei jedoch nur dann erlaubt, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besäßen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse bestehe. Hier könne dem öffentlichen Informationsinteresse genügt werden, ohne den Kläger zu identifizieren. Auch der Umstand, dass der Kläger sein Recht auf Anonymität durch den im April 2014 ausgestrahlten Kurzbeitrag verlassen habe, rechtfertige keine andere Würdigung. Die Beklagte könne sich nicht auf Art. 5 GG berufen.

Der Kläger werde auch in seinem Recht am eigenen Bild verletzt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (BI. 191 ff. d.A.) verwiesen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie rügt die Verletzung ihres Grundrechts auf rechtliches Gehör, da sich das Landgericht nicht mit den vorgetragenen Argumenten auseinandergesetzt habe.

Die Beklagte habe sich die Äußerungen nicht zu Eigen gemacht. Im Bereich des Hochschulrechts werde bei Veröffentlichungen in einer Publikation der Studierendenschaft streng zwischen eigenen Äußerungen der Studierendenschaft und den namentlich gekennzeichneten Beiträgen von Studierenden unterschieden. Würde der Studierendenschaft allein deshalb, weil sie namentlich kenntlich gemachte Äußerungen ihrer Mitglieder in ihren Publikationen abdrucke, unterstellt, sie mache sich diese Äußerungen zu eigen, werde ihr die Wahrnehmung der ihr hochschulrechtlich zugewiesenen Aufgaben zivilrechtlich untersagt. Sie solle nämlich zur politischen Bildung beitragen, indem sie in den Veröffentlichungen Raum für kontroverse Diskussionen allgemeinpolitischer Themen unter den Studierenden gebe. Angesichts der namentlichen Kennzeichnung der Beiträge sei nicht davon auszugehen, dass sich die Beklagte die Äußerungen zu Eigen gemacht habe.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts setze sich der Artikel mit der nebenberuflichen Tätigkeit des Klägers auseinander. Eine zutreffende Berichterstattung, aus dem Bereich der Sozialsphäre müsse grundsätzlich hingenommen werden. Auch eine identifizierende Berichterstattung müsse nach den Umständen des Einzelteils hingenommen werden. Da der Kläger selbst den Weg in die Öffentlichkeit gesucht und sich als Vertreter der Pick-up-Artist-Szene öffentlich im Fernsehen präsentiert habe, müsse er eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Per...

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