Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.03.2016; Aktenzeichen 2-8 O 49/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.03.2016 (Az.: 2-08 O 49/14) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus einer gewerblichen Gebäudeversicherung eine Entschädigungsleistung im Zusammenhang mit der hochwasserbedingten Beschädigung eines zu einem Wasserkraftwerk gehörenden Granitwehrs.

Die Klägerin erwarb im Jahr 2000/2001 ein Wasserkraftwerk in O1 und schloss mit dem Bundesland1 mit Wirkung zum 01.06.2001 einen Pachtvertrag über die zum Betrieb der Stauanlage erforderlichen Grundstücke. Die Gesamtanlage besteht aus dem eigentlichen Wasserkraftwerk und einem Granitwehr, welches in der A gelegen ist und einen Teil der Wassermassen zur Energiegewinnung zur Kraftwerksanlage leitet.

Mit Vertragsbeginn zum 05.01.2001 schloss die Klägerin mit der Beklagten - unter Vermittlung der für die Klägerin als Versicherungsmaklerin tätigen Streithelferin - eine gewerbliche Gebäudeversicherung mit einer Versicherungssumme von 1.102.500,00 DM, die eine Feuerversicherung und eine Sturmversicherung beinhaltete (vgl. Versicherungsschein v. 14.02.2001, Anlage JR1, Bl. 13ff d.A.) und sich lediglich auf das Wasserkraftwerk bezog. Im Zusammenhang mit der Übernahme der Unterhaltspflicht für das Granitwehr mit Pachtvertrag vom 01.06.2001 vereinbarten die Parteien mit Nachtrag zum Versicherungsschein vom 09.05.2001 (Anlage JR4, Bl. 17ff d.A.) rückwirkend zum 07.03.2001 die Einbeziehung des Granitwehrs in den Versicherungsschutz und eine Erhöhung der Versicherungssumme auf 1.602.500,00 DM; zugleich wurden die versicherten Risiken um das Risiko der Elementarschadendeckung erweitert. Mit Nachtrag zum Versicherungsschein vom 09.11.2004 (Anlage JR5, Bl. 21f d.A.) einigten sich die Parteien über eine weitere Erhöhung der Versicherungssumme auf 2.000.000 EUR. Im Jahr 2011 wurde der Vertrag neu geordnet und den "Allgemeinen Bedingungen der X Gewerbe Gebäude-Versicherung" (ABXGG 2008) unterworfen (vgl. Anlage JR6, Bl. 23ff d.A.). Nach diesen Bestimmungen wird der Umfang der Elementarschadendeckung in Ziffer 4.1. ABXGG wie folgt beschrieben:

"Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch

a) Überschwemmung, Rückstau

b) Erdbeben

c) Erdsenkung, Erdrutsch

d) Schneedruck, Lawinen

e) Vulkanausbruch

zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen."

Der Begriff der "Überschwemmung" wird in Ziffer 4.1.1 ABXGG wie folgt definiert:

"a) Überschwemmung ist die Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch

aa) Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern,

bb) Witterungsniederschläge,

cc) Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche infolge von aa) oder bb) [...]"

Im Juni 2013 beschädigte ein Hochwasser an der A, bei dem der Fluss auf das 40-fache seiner normalen Menge anstieg, durch die um ein Vielfaches erhöhte Fließgeschwindigkeit und den damit einhergehenden erhöhten Druck das Granitwehr mit der Folge, dass die Granitkrone teilweise wegbrach. Die Klägerin holte zur Feststellung des Instandsetzungsaufwands bei der Fa. B GmbH am 18.07.2013 eine "Kostenerfassung" ein, die die erforderlichen Instandsetzungskosten mit netto 1.205.139,40 EUR bezifferte, wobei wegen der Einzelheiten auf die Anlage JR7 (Bl. 36ff d.A.) verwiesen wird.

Mit Schreiben vom 31.07.2013 lehnte die Beklagte eine Regulierung ab unter Hinweis darauf, dass kein versicherter Überschwemmungsschaden vorliege, da das Wehr bestimmungsgemäß dauerhaft im Wasser stehe. An dieser Auffassung hielt sie auch mit weiteren Schreiben vom 09.08.2013 und 18.11.2013 fest.

Die Klägerin hat der Versicherungsmaklerin mit Schriftsatz vom 19.03.2015 den Streit verkündet, die dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten ist.

Mit der durch Schriftsatz vom 06.05.2015 erweiterten Klage hat die Klägerin im Wege einer offenen Teilklage eine Entschädigungsleistung für einzelne Positionen der "Kostenerfassung" i.H.v. insgesamt 21.340,60 EUR geltend gemacht.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass mit dem Wegbrechen der Wehrkrone des Granitwehrs infolge des Hochwassers im Juni 2013 der Versicherungsfall "Überschwemmung" gemäß Ziffer 4.1.1 ABXGG eingetreten sei. Eine "Überflutung des Grund und Bodens" im Sinne dieser Klausel habe bezüglich des Granitwehrs stattgefunden ungeachtet des Umstands, dass es sich von vornherein im Wasser befunden habe. Denn entscheidend für die Auslegung der Klausel sei aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers, o...

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