Leitsatz (amtlich)

1. Wenn der Rechtsanwalt auftragsgemäß mit verschiedenen Partnern Verhandlungen führt, die zum Abschluss verschiedener Verträge führen sollen, liegen auch dann zwei Angelegenheiten vor, wenn der Vollzug und das Wirksamwerden des einen Vertrages vom Zustandekommen des anderen Vertrages abhängen.

2. Wenn der Mandant infolge eines anwaltlichen Beratungsfehlers auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird und sich auf gerichtliche Empfehlung zur Zahlung eines Vergleichsbetrages verpflichtet, lässt seine nachlässige Prozessführung nicht ohne weiteres den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vergleichssumme und dem Beratungsfehler entfallen. Die nachlässige Prozessführung ist als Mitverschulden nach § 254 BGB zu würdigen.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.02.2003; Aktenzeichen 2-20 O 190/93)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 6.2.2003 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das vorbezeichnete Urteil abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben zu tragen

  • die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers dieser zu 61 %, die Beklagten zu 39 %,
  • die außergerichtlichen Kosten der Beklagten diese zu 39 %, der Kläger zu 61 %,
  • die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um das dem Kläger zustehende Anwaltshonorar für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf des "A"-..., O1. Vertragspartnerin des Klägers und der Drittwiderbeklagten war die Grundstückseigentümerin B C - nachfolgend als Beklagte bezeichnet -, die sich ständig durch ihren im gleichen Hause wie der Kläger ansässigen Hausverwalter D vertreten ließ, mit dem der Kläger gut nachbarschaftlichen Kontakt pflegte. C starb im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens und wurde von E F allein beerbt. Diese starb nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils. Ihre vier Erben - die Erbenstellung ist unstreitig - haben den Rechtsstreit nach einer Aussetzung im Berufungsverfahren aufgenommen.

Wegen der Zusammensetzung der Klageforderung nimmt der Senat auf die Erklärung der Drittwiderbeklagten in der Berufungsverhandlung (S. 2 der Sitzungsniederschrift v. 6.5.2004, Bl. 1150 d.A.) und die Rechnungen v. 14.9.1987 (Bl. 57 f., 90 d.A.), v. 5.2.1988 (Bl. 59 f. d.A.) und v. 23.8.1988 (Bl. 61 ff. d.A.) Bezug. Der Kläger erhielt am 15.9.1987 von der Beklagten 70.000 DM in bar für die "Beratung in Sachen Verkauf/Vermietung" des o.g. Anwesens; gegen einen Auskehranspruch der Beklagten i.H.v. 40.588,84 DM aus einer anderen Sache rechnete der Kläger mit seinem Honoraranspruch auf. Die Beklagte hat sich insb. mit einer auf Schlechterfüllung des Anwaltsvertrages gestützten Aufrechnung und mit der Verjährungseinrede verteidigt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug.

Das LG hat der Klage auf Zahlung i.H.v. 219.855,50 Euro zzgl. Zinsen nur i.H.v. 18.127,54 Euro ohne Zinsen stattgegeben. Die Widerklage hat es abgewiesen, die Zinsen hat es im Tenor ersichtlich übersehen.

Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen Rechtsfehler gerügt.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagten zur Zahlung weiterer 201.727,96 Euro nebst 9 % Zinsen aus 219.855,50 Euro seit dem 5.1.1990 zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie den Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 41.204,42 Euro nebst 4 % Zinsen aus 20.451,68 Euro seit dem 19.11.1993 und aus dem erhöhten Betrag seit dem 7.10.1994 zu zahlen.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

B. Beide Rechtsmittel sind zulässig, insb. fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung des Klägers ist nicht, die der Beklagten ist teilweise begründet. Der Kläger kann von den Beklagten kein restliches Honorar mehr verlangen, weil seine Honorarforderung durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten insgesamt erloschen ist. Die Widerklage ist unbegründet.

I. Dem Kläger stand gegen die Beklagte unter Berücksichtigung von dieser geleisteter Zahlungen ein Honoraranspruch in der Gesamthöhe von 241.084,28 DM zu.

A. Der Kläger ist allein Inhaber der Honorarforderung. Erstinstanzlich war unstreitig, dass die Drittwiderbeklagte i...

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