Leitsatz (amtlich)

§ 493 ZPO ist entsprechend anzuwenden, wenn sich die Parteien auf Tatsachen berufen, die Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahren sind.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 31.07.2003; Aktenzeichen 2-23 O 9/01)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Frankfurt/M. - 23. Zivilkammer - vom 31.7.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Der Beschwerdewert wird auf 1.763,45 Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern eine restliche Zahlung von 8.817,23 Euro nebst 11 % Zinsen seit 18.4.2000 aus einem Immobilienkaufvertrag. Wegen Mängeln machen die Käufer bzw. die Eigentümergemeinschaft, zu der die Beklagten gehören, Zurückbehaltungsrechte, Minderung oder Schadensersatz geltend. Die Beklagten wollen in erster Linie mindern, halten aber wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht mindestens entsprechend ihres Miteigentumsanteils für gegeben. Hilfsweise rechnen sie mit einem Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a.F. auf. Insoweit wird auf die Schriftsätze vom 22.5.2003 und 3.7.2003 verwiesen.

Die Parteien haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 20.9.2001 damit einverstanden erklärt, "dass die Ergebnisse des selbstständigen Beweisverfahrens vor dem LG Frankfurt/M - 2/25 OH 10/00, im hiesigen Verfahren verwertet werden, soweit sie für das hiesige Verfahren erheblich sind."

In der letzten mündlichen Verhandlung am 26.6.2003 vor der Einzelrichterin des LG ist die Sach- und Rechtslage erörtert worden, insb. der Stand des oben genannten selbstständigen Beweisverfahrens zwischen der Klägerin und der Eigentümergemeinschaft. Das LG hat am 31.7.2003 beschlossen, dem vorliegenden Verfahren nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens von Amts wegen Fortgang zu geben. Es führt aus, dass die Beklagten des hiesigen Verfahrens auch Partei des selbstständigen Beweis-verfahren seien, weil die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft der als solcher nicht rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft in das Beweisverfahren einbezogen seien. Das selbstständige Beweisverfahren stehe der Beweisaufnahme vor dem hiesigen Prozessgericht gleich, auch wenn § 493 ZPO vom Wortlaut her ein bereits abgeschlossenes Beweisverfahren zum Gegenstand habe. Die Beklagten beriefen sich jedoch im vorliegenden Verfahren auf Ansprüche, die Gegenstand der Beweiserhebung im selbstständigen Beweisverfahrens seien. Die Berufung auf diese Mängel sei auch nicht deswegen rechtlich unerheblich, weil die Ansprüche der Beklagten nicht im eigenen Namen geltend gemacht werden könnten. Wegen weiterer Einzelheiten des Beschlusses vom 31.7.2003 wird auf Bl. 489, 490 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen diesen Beschluss am 13.8.2003 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, der Beschluss beinhalte u.a. eine Aussetzung der Verhandlung gem. § 148 ZPO, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Sie verweist auf die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 3.6.2003 - 23 W 24/03 und beantragt, den Rechtsstreit nunmehr kurzfristig weiterzuführen.

Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 8.9.2003 nicht abgeholfen. Wegen des Inhalts des Beschlusses wird auf Bl. 505-508 d.A. Bezug genommen.

Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses keinen Erfolg.

Der Senat schließt sich der Auffassung des LG an, dass das selbstständige Beweisverfahren zwischen denselben Parteien stattfindet wie der vorliegende Rechtsstreit, weil die Klägerin Antragsgegnerin des selbstständigen Beweisverfahrens ist und die Beklagten Mitglieder der Eigentümergemeinschaft sind, die das Beweisverfahren beantragt hat. Da sich die Beklagten auf Tatsachen berufen, die Gegenstand der Beweiserhebung sind, ist § 493 ZPO jedenfalls entsprechend anzuwenden und das Ende der Beweiserhebung ebenso abzuwarten, wie wenn der Beweisbeschluss vom Prozessgericht selbst erlassen worden wäre (OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.1.2003 - 16 W 1/03; v. 25.8.2003 - 16 W 15/03; im Ergebnis ebenso KG KG-Report 2000, 266 f.; OLG München v. 20.2.1997 - 28 W 705/97, NJW-RR 1998, 576, die jeweils eine Aussetzung in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO befürworten; anderer Ansicht OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.6.2003 - 23 W 24/03; OLG Dresden v. 13.1.1998 - 14 W 1316/97, MDR 1998, 493).

Das ist auch im Hinblick auf die Regelung des § 485 ZPO geboten, nach dessen Abs. 1 während oder außerhalb eines Streitverfahrens die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden kann und, soweit bereits eine gerichtliche Begutachtung angeordnet worden ist, gem. § 485 Abs. 3 ZPO eine neue Begutachtung nur stattfindet, wenn die Voraussetzungen des § 412 ZPO erfüllt sind.

Eine Aussetzung der Verhandlung gem. § 148 ZPO ist mit dem Beschluss des LG - auch der Sache nach - nicht verbunden. Die Vorschrift des § 148 ZPO kann schon deshalb nicht angewen...

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