Entscheidungsstichwort (Thema)

Nicht ermittelbares ausländisches Recht im Eilverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist im Eilverfahren der Inhalt des anzuwendenden Rechts aufgrund der Eilbedürftigkeit nicht zuverlässig zu ermitteln, ist weder nach deutschem Recht zu entscheiden noch der Antrag unter Darlegungslastgesichtspunkten zurückzuweisen. Vielmehr ist nach einer lediglich summarischen Schlüssigkeitsprüfung im Rahmen einer Abwägung der Interessen der Parteien zu entscheiden.

2. Zur Frage des anwendbaren Rechts bei einem Wettbewerbsverstoß auf einer italienischen Homepage, wenn beide Parteien in Deutschland ansässig sind

 

Normenkette

ROM II-VO Art. 6 Abs. 1-2; UWG § 4 Nr. 4; ZPO §§ 293, 567, 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 27.12.2019; Aktenzeichen 3-10 O 119/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

3. Der Streitwert wird in Abweichung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 125.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Eilverfahren um einen wettbewerblichen Unterlassungsanspruch.

Die Parteien schlossen am 28.06.2016 (Anlage ASt 7) einen Franchise-Vertrag hinsichtlich des sog. "MBST"-Therapiesystems für das Gebiet Italien. Mit Kündigungsschreiben vom 02.11.2018 erklärte die Antragstellerin die fristlose Kündigung, hilfsweise die Kündigung zum 31.01.2019.

Die Antragsgegnerin betreibt die Webseite "x.it", auf der sowohl in englischer als auch in italienischer Sprache unter der Bezeichnung "Y" u.a. unter Benutzung verschiedener Lichtbilder der Antragstellerin, bei der die Markenbezeichnungen entfernt wurden, eine Magnetresonanztherapie beworben wird, die technisch der der Antragstellerin gleicht, ohne dass die Antragstellerin jedoch erwähnt wird.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin die Beschreibung der Therapie und die Verwendung der Fotos ohne konkreten Hinweis auf die Antragstellerin untersagt werden sollte, mit Beschluss vom 27.12.2019 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sei vor Eingang des Eilantrages abgelaufen. Lauterkeitsrechtliche Ansprüche scheiterten daran, dass nach Art. 6 I Rom II-VO italienisches Recht anwendbar sei.

Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Ein Verstoß gegen italienische Wettbewerbsvorschriften sei nicht hirneichend glaubhaft gemacht.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Verfügungsantrag zu Recht zurückgewiesen, da die Antragstellerin weder auf vertraglicher Grundlage noch auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage den begehrten Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin geltend machen kann.

1.) Den Streitgegenstand des Verfahrens hat die Antragstellerin mit ihrem Schriftsatz vom 25.11.2019 dahingehend dargestellt, dass die angegriffene Werbung der Antragsgegnerin untersagt werden soll, soweit diese nicht mit einem Zusatz versehen ist, dass die Antragstellerin die beworbene Technologie erfunden habe. Damit hat sie den zuvor deutlich weiter gefassten Antrag eingeschränkt; dass mit der Beschwerde wiederum der ursprüngliche Antrag gestellt wurde, sieht der Senat als Irrtum und nicht als erneute Erweiterung des Streitgegenstandes an, die sowieso an der fehlenden Dringlichkeit scheitern würde.

Richtet sich die Klage - wie hier - gegen die sog. konkrete Verletzungsform, also das konkret umschriebene (beanstandete) Verhalten, so ist darin der Lebenssachverhalt zu sehen, der den Streitgegenstand bestimmt. Der Streitgegenstand umfasst in diesem Fall alle Rechtsverletzungen, die durch die konkrete Verletzungsform verwirklicht wurden (BGH GRUR 2013, 401 - Biomineralwasser; BGH GRUR 2018, 203 Rnr. 18 - Betriebspsychologe). Im Hinblick auf die Dispositionsmaxime darf das Gericht ein Verbot indes nur auf solche Beanstandungen stützen, die der Kläger vorgetragen hat (Senat WRP 2014, 1482). Dies bedeutet, dass der durch Lebenssachverhalt und Antrag beschränkte Streitgegenstand vom Senat hier nur unter den von der Antragstellerin vorgebrachten Gesichtspunkten des Verstoßes gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, des Verstoßes gegen § 4 Nr. 4 UWG sowie des Verstoßes gegen § 3 Nr. 3 i.V.m. § Nr. 13 des Anhangs zum UWG geprüft werden kann.

2.) Der der einstweiligen Verfügung zugrundeliegende Antrag ist zulässig.

Die internationale Zuständigkeit beruht auf Art. 4 I EuGVVO, da die Antragsgegnerin ihren Sitz in Deutschland hat.

Der Zulässigkeit steht auch nicht die im Franchisevertrag zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsvereinbarung entgegen. Nach § 1025 II ZPO i.V. mit § 1033 schließt eine Schiedsvereinbarung die Wahrnehmung vorläufigen Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte im Eilverfahren nicht aus. Vor diesem Hintergrund hat die Antragsgegnerin die Schiedseinrede im vorliegenden Ve...

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