Entscheidungsstichwort (Thema)

Entsprechende Anwendung von § 2069 BGB auf Erbvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer über § 2279 Abs. 1 BGB erfolgenden entsprechenden Anwendung von § 2069 BGB auf einen Erbvertrag erfasst die zugunsten eines weggefallenen Schlusserben im Erbvertrag angeordnete vertragsmäßige Bindung nicht ohne Weiteres auch den für den weggefallenen Schlusserben über § 2069 BGB in den Erbvertrag einbezogenen Ersatzschlusserben (Abgrenzung zu Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 5.11.2012 - 6 W 197/12).

 

Normenkette

BGB §§ 2069, 2279 Abs. 1

 

Tenor

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Der angefochtene Beschluss des Nachlassgerichts, mit dem dieses den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 vom "25.09.2020" (Urkunde des Notars A, Stadt1, Urkundenrolle Nr. ...) zurückgewiesen und die zur Begründung des Erbscheinsantrags des Beteiligten zu 3 vom 24.09.2020 erforderlichen Tatsachen festgestellt hat, wird unter Aufrechterhaltung im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die zur Begründung des von dem Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen werden festgestellt.

Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3 wird zurückgewiesen.

Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird ausgesetzt und die - von dem Nachlassgericht durchzuführende - Erteilung des Erbscheins wird bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt.

Eine Erstattung der den Beteiligten im Verfahren der Beschwerde etwa entstandenen notwendigen Aufwendungen erfolgt nicht.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Erblasserin war verheiratet mit dem am XX.XX.2014 vorverstorbenen Vorname1 Vorname2 X. Ihre beiden einzigen und gemeinsamen Kinder waren die 1957 geborene und 2001 verstorbene Tochter Vorname3 C, geb. X, und der 1961 geborene und 2003 kinderlos verstorbene Vorname4 X. Kinder der Tochter Vorname3 sind der 1981 geborene Beteiligte zu 3 und dessen 1986 geborener Bruder Vorname5.

Nach dem Tode des Ehemanns der Erblasserin und erneut nach deren Tod hat das Nachlassgericht das notarielle Testament vom 15.10.1966 eröffnet, auf das im Einzelnen Bezug genommen wird (Urkunde des Notars B, Nr. ..., beglaubigte Abschrift Bl. 9 f. der Testamentsakte). Dort haben die Ehegatten wie folgt testiert:

"1. Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu alleinigen und ausschließlichen Erben unseres dermaleinstigen Nachlasses ein, so dass der Überlebende von uns auch über den Nachlass des Erstversterbenden unter Lebenden frei schalten und walten kann wie es ihm beliebt.

2. Erben des Längstlebenden von uns sollen unsere gemeinsamen Kinder Vorname3 X und Vorname4 X sowie etwa sonst noch aus unserer Ehe hervorgehende Kinder zu untereinander gleichen Teilen sein.

3. Wer aus dem Nachlass des Erstversterbenden den gesetzlichen Pflichtteil fordert, der soll auch aus dem Nachlass des Längstlebenden von uns nur den gesetzlichen Pflichtteil erhalten."

Mit notarieller Urkunde des Notars D, Stadt1 vom 07.12.1998 (Urkundenrolle Nr. ..., Kopie, Bl. 50 ff. der Nachlassakte) haben die Ehegatten das ihr wesentliches Vermögen darstellende lastenfreie Hausgrundstück (Amtsgericht Stadt, Grundbuch von Stadt1, Bl. ..., Gemarkung Stadt1, Flur ... Nr. ..., Hof- und Gebäudefläche, Straße1, 462 m2), das zu je 1/2 in ihrem Miteigentum stand, an ihren Sohn ohne Herauszahlung übertragen. Allerdings hat sich der Sohn verpflichtet, binnen drei Monaten nach dem Tod des Längstlebenden der Ehegatten einen (nach Zusatz zu Ziffer III Nr. 4 des Übergabevertrags) wertgesicherten Betrag von 80.000,00 DM an seine Schwester zu zahlen. Weiterhin wurde etwa vereinbart, dass sich der Sohn den Wert der Übertragung, der zum damaligen Zeitpunkt mit 522.000,00 DM festgehalten wurde, auf seinen Pflichtteil nach den Ehegatten anrechnen lassen müsse und er den Grundbesitz bis zum Tod des Längstlebenden der Ehegatten ohne dessen Zustimmung nicht veräußern werde. Auch wurde den Ehegatten ein im Einzelnen definiertes lebenslanges Wohnungsrecht eingeräumt.

Sodann haben die Ehegatten - ohne Beteiligung weiterer Personen - mit weiterer notarieller Urkunde des Notars D vom selben Tag (Nr. ...; nachfolgend nur bezeichnet als: Erbvertrag), auf die ebenfalls im Einzelnen Bezug genommen wird (beglaubigte Abschrift, Bl. 12 ff. der Testamentsakte) und die jeweils nach dem Tod des Ehemanns sowie nach dem Tod der Erblasserin vom Nachlassgericht eröffnet worden ist, auszugsweise Folgendes erklärt:

"(...) Sodann erklärten die Erschienenen zu 1. und 2. dem Notar mündlich ihren letzten Willen wie folgt durch ERBVERTRAG (...):

Vorsorglich widerrufen wir beide alle, bisher von uns errichteten Verfügungen von Todes wegen. An diesem Widerruf und an der Errichtung des gegenwärtigen Erbvertrages ist seines Wissens niemand von uns durch anderweitige, bindende Verfügungen von Todes wegen gehindert.

I. Wir setzen uns, der Erstversterbende den Längstlebenden, zum unbeschränkten alleinigen Erben unseres jeweiligen dereinstigen Vermögens ein.

II. 1. Nach dem Tode des Längstlebenden soll alleinige Erbin bezüglich unseres derein...

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